RM Rudolf Müller
Extensivbegrünung mit Laufbahn auf einem Stuttgarter Flachdach.  Foto: BuGG

Extensivbegrünung mit Laufbahn auf einem Stuttgarter Flachdach.  Foto: BuGG

Dach
26. Mai 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Schichtaufbau von Gründächern

Gründächer speichern Regenwasser, filtern Luftschadstoffe, verbessern das städtische Mikroklima durch Verdunstungskälte, schaffen neue Lebens- und Erholungsräume für Mensch und Tier und ermöglichen sogar den nachhaltigen Anbau von Obst und Gemüse. Ganz „nebenbei“ verbessern sie auch noch die Dämmung des Flachdachs und schützen die Dachabdichtung vor UV-Strahlung sowie das Gebäude vor Überhitzung. Doch wie muss ein Gründach eigentlich aufgebaut sein, damit es problemlos „funktioniert“ und seine Vorteile dauerhaft ausspielen kann?

Über die vielen vorteilhaften Wirkungen von Gründächern haben wir auf BaustoffWissen bereits in zwei anderen Beiträgen informiert („Die Vorteile von Gründächern“, „Gebäudebegrünung: Natürliche Klimaanlagen“). Auch die Art der Begrünung (extensiv oder intensiv?) war auf dieser Website schon Thema gewesen („Was sind Biodiversitätsgründächer?“), ebenso wie die Möglichkeit, begrünte Dachflächen mit Solartechnik zu kombinieren („Sind Solar-Gründächer sinnvoll?“). Was wir dagegen noch nicht näher behandelt haben, ist die Frage, wie fachgerecht ausgeführte Gründächer eigentlich im Detail aufzubauen sind. Das holen wir hiermit nach.

Typischer Schichtaufbau

Gründach-Paket mit (von oben nach unten) Pflanzensubstrat, Filtervlies, Drainagematte, Schutzlage und wurzelfester Abdichtung. Grafik: BuGG

Gründach-Paket mit (von oben nach unten) Pflanzensubstrat, Filtervlies, Drainagematte, Schutzlage und wurzelfester Abdichtung. Grafik: BuGG

Nach Angaben des Bundesverbandes Gebäudegrün (BuGG) halten fachgerecht eingebaute Gründächer bei regelmäßiger Pflege und Wartung mindestens 40 bis 60 Jahre. Zum fachgerechten Einbau gehört, dass Pflanzen und Substratschicht auf einem wurzelfesten Untergrund lagern. Idealerweise sollte bereits die Abdichtung des Flachdachs wurzelfest sein (gemäß FLL-Dachbegrünungsrichtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau). Dadurch lässt sich sicherstellen, dass sie nicht durch Pflanzenwurzeln beschädigt wird.

Bei einem Standard-Flachdach ohne Gründachauflage bildet die Abdichtung den obersten Dachabschluss. Sie besteht in der Regel aus Kunststoffbahnen oder Bitumenbahnen und schützt die darunterliegende Dämmstoffebene vor Feuchtigkeit. Ist sie darüber hinaus nicht auch wurzelfest, dann darf der Einbau eines Gründachpakets nur erfolgen, wenn zuvor auf der vorhandenen Abdichtung eine separate Wurzelschutzfolie verlegt wurde.

Auch bei einem Flachdach mit einfacher Extensivbegrünung verlegt man zwischen Bodensubstrat und wurzelfester Abdichtung beziehungsweise Wurzelschutzfolie immer auch noch eine 0,5 bis 1 cm starke Schutzlage, um die Dachabdichtung oder die Wurzelschutzfolie vor mechanischen Beschädigungen durch die Gesteinskörnungen im Substrat zu bewahren. Solche Schutzlagen sind in verschiedenen Ausführungen erhältlich. Es handelt sich zum Beispiel um Vliese oder Gummigranulat-Matten.

Zusätzliche Drainage

Pflanzen und Bodensubstrat können in gewissem Umfang Regenwasser speichern. Pflegeleichte Extensivgründächer mit genügsamen Pflanzen müssen daher nicht künstlich bewässert werden und benötigen auch nicht unbedingt eine Drainageschicht, um Niederschläge zu speichern beziehungsweise überschüssiges Regenwasser zur Dachentwässerung abzuleiten. Viele der am Markt erhältlichen Substrate sind in der Lage, neben der Nährstoffversorgung der Pflanzen zugleich die Aufgabe einer Drän- und Filterschicht zu erfüllen.

Bei Dächern mit Intensivbegrünung und größerem „Wasserdurst“ gehört allerdings eine 6–12 cm dicke Drainageschicht zum Standardaufbau. Natürlich ist eine solche Zusatzschicht auch bei einem extensiv begrünten Dach nicht verboten. Je nach Art des Pflanzenbewuchses und der örtlichen Regenmengen kann dies sinnvoll sein. Bei Extensivbegrünungen sind aber – wenn überhaupt – nur 2–6 cm dicke Drainagen üblich.

Die Drainageschicht baut man zwischen Substratschicht und der oben genannten Schutzlage ein. Damit kein Boden in die Drainage einrieselt, wird sie in der Regel oben mit einem 5 mm dicken Filtervlies abgedeckt. Die Drainage kann sowohl aus losen, porigen Schüttgütern (zum Beispiel Lava) als auch aus hohlraumreichen Kunststoff-Drainagematten bestehen.

Substratschicht und Pflanzen

Abwechslungsreiche Intensivbegrünung auf einem Einkaufszentrum. Foto: BuGG

Abwechslungsreiche Intensivbegrünung auf einem Einkaufszentrum. Foto: BuGG

Für die Pflanzen auf Gründächern gibt es spezielle Bodensubstrate, gemischt aus organischer Erde und mineralischen Leichtzuschlägen. Bei Extensivbegrünungen ist der Anteil der organischen Bestandteile aber nur gering. Die Extensivbegrünung ist die klassische, am meisten verbreitete Variante und besteht aus niedrigwüchsigen, genügsamen Pflanzen wie Moosen, Gräsern und Kräutern, die wenig Wasser benötigen und sich weitgehend selbst erhalten. Dafür genügen oft schon Substratschichten von nur 8–10 cm Höhe. Das Gewicht solcher Gründach-Pakete beträgt nach Angaben des BuGG nur etwa 60–180 kg/m2.

Intensivbegrünungen bestehen dagegen neben Rasenflächen auch aus hochwachsenden Sträuchern oder sogar kleinen Bäumen. Diese Systeme erfordern deutlich dickere Substratschichten sowie viel mehr Pflege und müssen je nach Niederschlagslage auch immer mal wieder künstlich bewässert werden. Die notwendige Substratschichtdicke bei höheren Sträuchern und Bäumen ergibt sich nach Angaben des Dachsystemherstellers Bauder aus der Formel „Wuchshöhe/10 = Einbaustärke Substrat“. Rasenflächen benötigen eine Schichtdicke von mindestens 20 cm. Das Gewicht von intensiv begrünten Dachpaketen beginnt laut BuGG bei etwa 320 kg/m2, kann aber auch bis zu 1.200 kg/m2 betragen.

Bauliche Voraussetzungen

Solche hohen Lasten sind natürlich nur möglich, wenn die Statik des Flachdachs dies zulässt. Auch die Wärmedämmung unter der Dachabdichtung muss ausreichend druckfest sein. Jedes Gründachpaket auf einem Flachdach setzt zudem ausreichend hohe Randeinfassungen voraus. Oberhalb der Dachabdichtungsebene muss es logischerweise eine entsprechende Erhöhung der Außenwand geben (Attika).

Die ZVDH-Fachregeln für Dächer mit Abdichtungen (Flachdachrichtlinien) schreiben zudem vor, dass man Abdichtungsbahnen an der Attika beziehungsweise an den aufgehenden Bauteilen hochführen muss, damit sie nicht von Wasser unterlaufen werden können. Bei Gründächern mit einer Dachneigung bis 5° ist die Abdichtung mindestens 10 cm über die Oberkante des Substrats hinauszuführen. Bei Dachneigungen über 5° muss sie mindestens 5 cm über die Substratoberkante hinaus verlegt werden.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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