Was ist Faserbeton?
Faserbeton ist deutlich zugfester und damit weniger rissanfällig als Normalbeton. Der seit den 1970er-Jahren eingesetzte Verbundwerkstoff enthält Fasern, die wie eine „Mikrobewehrung“ wirken. Bei diesen Zusatzstoffen handelte es anfangs meist um Stahlfasern, später kamen unter anderem Glasfasern hinzu. Seit einigen Jahren gibt es auch Varianten mit Kohlenstofffasern (Carbonbeton), und in jüngster Zeit wird zudem verstärkt auf mineralische Basaltfasern gesetzt.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Bei stark beanspruchten Bauteilen mit tragender Funktion können bloße Faserzusätze zur Betonmischung nicht die herkömmliche Stahlbewehrung ersetzen. Sie können diese aber ergänzen und damit die Festigkeit von Stahlbeton insgesamt noch erhöhen. Kommt es zu Rissen in Stahlbeton, sind sie meist weniger lang und damit weniger gefährlich für die Stabilität des Bauteils, wenn der Zementstein zusätzlich eine Faser-Mikrobewehrung enthält. Diese erhöht zudem nicht nur die Zugfestigkeit, sondern auch die Schlag- und Druckfestigkeit sowie die Elastizität des Betons. Weniger stark beanspruchte Bauteile werden im Übrigen auch aus „reinem“ Faserbeton realisiert – also ohne klassische Stahlbewehrung.
Faser- und Textilbeton
Bei normalen Faserbetonen verteilen sich die kleinteiligen Faserzusätze gleichmäßig im gesamten Zementstein. Aus Fasermaterialien lassen sich aber auch mattenförmige Gittergelege fertigen, die man schichtweise – sozusagen „am Stück“ – in den Beton einlegen kann. Für diese Variante des bewehrten Betons hat sich der Begriff Textilbeton etabliert. Die textilen Gelege wurden früher vor allem aus Glasfaser hergestellt. Seit einigen Jahren kommen aber auch vermehrt Kohlenstofffasern zum Einsatz (Carbonfasern).
Durch textile Gelege lässt sich nicht nur die Zugfestigkeit, sondern auch die Tragfähigkeit von Betonbauteilen noch einmal deutlich erhöhen. Textilbeton ist auch ohne klassische Stahlbewehrung ziemlich tragfest. Zumindest für mittlere Lasten reicht das. So wurde zum Beispiel 2006 auf dem Gelände der Landesgartenschau im sächsischen Oschatz die weltweit erste Fußgängerbrücke aus textilbewehrtem Beton eröffnet (siehe Foto). Sie hat eine Bauteildicke von nur 3 cm und wiegt insgesamt nur 5 Tonnen. Das liegt übrigens nicht nur am Gewicht der Bewehrung. Da Glas- und Carbonfasern im Gegensatz zu Stahl nicht rosten können, sind auch viel geringere Betondeckungen notwendig. In Oschatz hätte eine vergleichbare Brücke aus Stahlbeton etwa 25 Tonnen gewogen.
Nach Angaben des Informations-Zentrums Beton wird der Verbundwerkstoff Textilbeton „derzeit in der Hauptsache im Brückenbau, im Bau von Schalen für Dächer, bei der Herstellung von Fassadenelementen und bei der Instandsetzung“ eingesetzt. Die Anwendung von Bauteilen aus Textilbeton für tragende Bauteile sei derzeit nur mit Zustimmung im Einzelfall oder mithilfe einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung möglich.
Stahl- und Glasfaserbeton
Doch zurück zum eigentlichen Faserbeton. Dessen Geschichte begann in den 1970er-Jahren mit Betonmischungen, denen man Stahlfasern beimischte. Haupteinsatzgebiet dieser Variante sind bis heute Industriefußböden. Ein weiterer größerer Anwendungsbereich liegt im Straßen- und Tunnelbau. Teilweise verwendet man Stahlfaserbeton aber auch für Wohnungsbaufertigteile im Kellerbereich (Wände, Fundamente).
Die metallischen Fasern können – je nach Anwendung – eine konstruktive Stahlbewehrung komplett ersetzen oder auch nur ergänzend zum Einsatz kommen. Inwieweit die Betonfestigkeit erhöht wird, hängt nicht zuletzt von der Anzahl der Fasern sowie vom verwendeten Fasertyp ab. Dabei ist zu beachten, dass ein hoher Stahlfaseranteil Probleme bei der Verarbeitung verursachen kann: Nicht nur das Pumpen des Frischbetons, sondern vor allem auch die anschließende Verdichtung werden erschwert. Zu viele Fasern bergen die Gefahr, dass die Festigkeit, die man durch die Zusatzstoffe stärken wollte, tatsächlich geschwächt wird, weil sich der Beton nicht mehr ausreichend verdichten lässt.
Zu den Nachteilen der Stahlfaserlösung zählt ferner, dass die fein im Beton verteilten Metallteile die ohnehin relativ hohe Wärmeleitfähigkeit von Beton weiter erhöhen. Im Bodenbereich kann das natürlich auch von Vorteil sein. So ist etwa bei Fußbodenheizungen eine starke Wärmeweiterleitung ja durchaus gewollt. Definitiv von Nachteil ist allerdings, dass Stahl rosten kann. Mit Stahlfasern versetzte Bauteile benötigen deshalb – genauso wie klassischer Stahlbeton – eine relativ dicke Mindestbetondeckung.
Dass Stahlfaserbeton keine schlanken Bauteile ermöglicht, war sicher ein Hauptgrund für den zunehmenden Einsatz von Glasfaserbeton ab den 1980er-Jahren. Da Glasfasern nicht rosten, ist mit ihnen keine Mindestbetondeckung notwendig. Dieser Verbundwerkstoff ermöglicht daher filigrane Betonbauteile von nur wenigen Millimetern Dicke, die trotzdem relativ stabil sind. Typische Anwendungen sind laut Informations-Zentrum Beton unter anderem Fassaden-und Bedachungsplatten, Brandschutzplatten, Fensterbänke, Fensterstürze und Mauerfußelemente.
Carbonbeton
Wenn in den letzten Jahren vom Beton der Zukunft der Rede war, ging es häufig um den so genannten Carbonbeton. Das ist Beton, der mit Kohlenstofffasern verstärkt wird. Deren Einsatz kennt man schon etwas länger von faserverstärkten Kunststoffen in der Luft- und Raumfahrt sowie im Automobil- und Sportgerätebereich.
Doch längst spielen die korrosionsfreien Fasern auch eine große Rolle in der Welt des Betonbaus. Kein Wunder: Carbonfasern bestechen durch eine hohe Elastizität und ein niedriges Gewicht bei gleichzeitig enormer Festigkeit. Sie ermöglichen dünnwandige Betonstrukturen, die mindestens genauso fest wie Stahlbeton sind, zugleich aber langlebiger und deutlich leichter. Einziger Nachteil: Das Material ist bisher noch relativ teuer.
Das Thema Carbonbeton wird in Deutschland von der Bundesregierung seit Jahren massiv unterstützt. Von 2014 bis 2020 wurde das interdisziplinäre Großprojekt C³ mit 130 Partnern aus den Bereichen Forschung, Industrie und Verbände gefördert. Das Projekt sollte die wissenschaftlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass künftig bei Neubauten mindestens 20 % der bisherigen Stahlbewehrungen durch Carbon-Bewehrungen ersetzt werden können.
Im Fokus der aktuellen wissenschaftlichen Beschäftigung mit Carbonbeton steht aber meist gar nicht Faserbeton im engeren Sinn. Vielmehr geht es um Anwendungen, bei denen Kohlenstofffasern als mattenartige und stabförmige Bewehrungen zum Einsatz kommen. Im Fokus steht also das, was wir oben als Textilbeton bezeichnet haben. Das gilt auch für das Versuchs- und Forschungsgebäude CUBE auf dem Gelände der TU Dresden, dessen Rohbau mittlerweile fertig ist. Anfang Februar wurde Richtfest gefeiert, dieses Frühjahr soll das Gebäude fertiggestellt sein. Der CUBE wurde im Rahmen des C³-Projekts geplant und wird das erste Betonhaus sein, bei dem ausschließlich nichtmetallische Bewehrungen – vor allem aus mattenförmigen Carbon-Gelegen – zum Einsatz kommen.
Basaltfasern
Der derzeitige Fokus auf Textilbeton bedeutet nicht, dass Faser-Mikrobewehrungen, bei denen die Faserzusätze gleichmäßig im gesamten Zementstein verteilt sind, keine Zukunft hätten. Hauraton etwa fertigt schon seit Jahrzehnten Entwässerungsrinnen aus Beton mit Glas- beziehungsweise Kunststofffasern. Doch neuerdings präsentiert der Hersteller diese „Faserfix“-Rinnen mit einer nachhaltigeren Rezeptur (siehe Foto ganz oben). Zum Einsatz kommen nun Basaltfasern.
Hauraton spricht von einer neuen Ära in der Betonproduktion. Im Vergleich zu den bisher verwendeten Fasern werde durch Basalt die Rissbildung im Beton weiter reduziert. Der Beton werde durch Basaltfasern formstabiler und noch langlebiger. Im Vergleich zu Glasfasern seien eine höhere Schmelztemperatur, eine bessere Wasser-, Säure- und Laugenbeständigkeit sowie positivere Zug- und Biegeeigenschaften zu beobachten. Alle diese Eigenschaften des Endprodukts seien zudem durch einen geringeren Materialeinsatz von Fasern erreichbar.
Basaltfasern werden aus verflüssigtem Basaltgestein gewonnen, das überall auf der Erde natürlich vorkommt. Nach Angaben von Hauraton sind sie hochfest, flexibel, ungiftig, nicht krebserregend, alkalibeständig sowie UV-stabil und halten Temperaturen von bis zu 800 °C stand. Das ermögliche Anwendungen, für die andere Fasern nicht eingesetzt werden können oder zu kostenintensiv sind. Der neue Verbundwerkstoff punkte zudem beim Thema Recycling. Da Basaltfaserbeton ein rein mineralisches Gemisch ist, entfalle bei der Entsorgung die stoffliche Trennung – argumentiert Hauraton.
Weitere Infos zu Basaltfasern bietet auch unser Beitrag „Betonbewehrung: Basalt statt Stahl?“ Darin wird unter anderem gezeigt, dass man aus Basaltgestein nicht nur Faser-, sondern auch Stabbewehrungen herstellen kann.
Dieser Text ist eine Erweiterung unseres früheren Beitrags „Faserbetone erobern zunehmend das Bauwesen“ von Februar 2014.