Flüssigabdichtungen für erdberührte Bauteile basierten früher meist auf dem Bindemittel Bitumen. Doch die klassische Bitumen-Dickbeschichtung hat Konkurrenz bekommen. Immer häufiger ersetzt man sie mittlerweile durch bitumenfreie Reaktivabdichtungen. Dabei handelt es sich um mineralische Mörtel mit dichtenden Kunststoffzusätzen. Solche Flüssigabdichtungen werden auch als flexible polymere Dickbeschichtungen (FPD) bezeichnet.
Erdberührte Bauteile wie zum Beispiel Keller muss man vor äußeren Feuchtigkeitseinflüssen schützen. Die grundsätzlichen Abdichtungstechniken haben wir auf BaustoffWissen bereits im Beitrag „ Die wichtigsten Methoden zur Kellerabdichtung “ erläutert. Dabei wurden drei Varianten unterschieden: schwarze Wanne, weiße Wanne ( WU-Beton ) und K-Wanne. Die beiden Letztgenannten sind Abdichtungsformen, die nicht mit flüssigen, sondern mit festen Materialien ausgeführt werden.
Verwirrende Begrifflichkeiten

Schwarze Wannen heißen so, weil für sie traditionell Baustoffe aus Bitumen zum Einsatz kommen – ein Bindemittel , das man aus Erdöl gewinnt. Sie lassen sich sowohl mit festen Bitumenbahnen als auch mit bitumenhaltigen Flüssigabdichtungen realisieren. Letzteres sind die so genannten kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtungen. Diese hat man in Deutschland lange mit KMB abgekürzt, seit Erscheinen der europäischen Produktnorm DIN EN 15814 im Jahr 2015 ist aber zunehmend das Kürzel PMBC geläufig.
Solche Bitumendickbeschichtungen waren lange Zeit die beliebteste Variante zur Außenabdichtung erdberührter Bauteile. Doch seit einigen Jahren werden sie zunehmend von bitumenfreien Reaktivabdichtungen verdrängt. Diese flexiblen polymeren Dickbeschichtungen (FPD) sind im Prinzip leistungsfähigere Weiterentwicklungen der klassischen mineralischen Dichtungsschlämmen ( MDS ). Zu den Vorteilen moderner FPD gegenüber MDS gehört, dass diese in der Lage sind, größere Risse im Untergrund zu überbrücken.
Manche Hersteller bezeichnen übrigens die einkomponentigen MDS-Produkte ebenfalls als Reaktivabdichtungen, andere verwenden Reaktivabdichtung nur als Synonym für FPD. Diese begriffliche Uneinheitlichkeit lässt den Markt für bitumenfreie Flüssigabdichtungen verwirrender erscheinen als er tatsächlich ist. Denn eigentlich ist die Sache ganz einfach: Es gibt bitumenhaltige Dickbeschichtungen (PMBC/KMB) und bitumenfreie Dickbeschichtungen (Reaktivabdichtungen/FPD bzw. MDS).
Beide Varianten enthalten übrigens dichtende Kunststoffzusätze. Als Bindemittel kommt bei der einen Variante Bitumen, bei der anderen oft Zement zum Einsatz. Deshalb kann man die begriffliche Unterscheidung auch noch auf einer anderen Ebene vornehmen und von organischen versus mineralischen Dickbeschichtungen sprechen.
Inhaltsstoffe
Zement ist allerdings nicht das einzig mögliche Bindemittel für Reaktivabdichtungen. Zumindest die Definition in der 2020 erschienenen FPD-Richtlinie der Deutschen Bauchemie lässt auch andere Bindemittel zu – nur eben kein Bitumen. In der Publikation heißt es, dass FPD „ im Wesentlichen aus mineralischen Gesteinskörnungen, Füllstoffen, hydraulischen und/oder polymeren Bindemitteln sowie Additiven “ bestehen. Unter hydraulischen Bindemitteln versteht man vor allem Zement, aber auch natürliche oder künstliche Puzzolane. Die dichtenden Kunststoffe (Polymere) wirken zudem ebenfalls wie Bindemittel.
In der FPD-Richtlinie heißt es weiterhin: „ Flexible polymermodifizierte Dickbeschichtungen sind streich-, spachtel- oder spritzfähige, 1- oder 2-komponentige Massen “. Bei den zweikomponentigen Produkten besteht die eine Komponente üblicherweise aus der pulverförmigen Zementmischung und die andere, flüssige Komponente aus einer Polymerdispersion.
Verarbeitungsvorteile
Doch warum verdrängen Reaktivabdichtungen eigentlich zunehmend die alten Bitumendickbeschichtungen? Neben Gründen der Nachhaltigkeit – Vermeidung des Erdölprodukts Bitumen – punkten FPD nicht zuletzt mit Verarbeitungsvorteilen. So sind sie weniger klebrig und zäh als bituminöse Dickbeschichtungen und lassen sich daher einfacher aus dem Gebinde entnehmen und auf den Untergrund auftragen. Ihre geschmeidige Konsistenz erleichtert die Verarbeitung nicht zuletzt bei schwierigen Details wie Ecken, Wand-Fußpunkten oder Rohrdurchführungen.

Zugleich sind die Produkte in der Regel hoch rissüberbrückend sowie UV-, frost- und alterungsbeständig. Außerdem kann man die diffusionsoffenen Produkte dünner auftragen als Bitumendickbeschichtungen, was zu Materialeinsparungen führt.
Vor allem aber härten die Reaktivabdichtungen deutlich schneller aus, was einen schnellen Baufortschritt ermöglicht. Bei herkömmlichen Bitumendickbeschichtungen muss man nach dem Auftrag normalerweise mindestens zwei Tage warten, bis das Material komplett durchgetrocknet ist und die nächsten Arbeitsschritte erfolgen können. Bei feucht-kalter Witterung dauert es sogar noch länger. Mit den druckfesten FPD-Produkten geht es viel schneller. Sie härten auch bei niedrigen Temperaturen zügig aus und sind in der Regel bereits nach wenigen Stunden regenfest.
Ein weiterer Vorteil der mineralischen Reaktivabdichtungen besteht darin, dass sie sich im Gegensatz zu herkömmlichen Bitumendickbeschichtungen problemlos mit mineralischen Putzen beschichten lassen. Das erleichtert die gewerkeübergreifende Baustellenarbeit in Fällen, bei denen die Kellerabdichtung ein Stück oberhalb der Geländeoberkante endet, also ein wenig in den Sockelbereich hineinragt. Bei Verwendung von FPD muss der Verarbeiter die überlappende Abdichtungsschicht nicht mehr umständlich entfernen, sondern kann sie einfach überputzen.
Dieser Text ist eine Überarbeitung unseres ursprünglichen Beitrags „Was sind FPD-Abdichtungen?“ von Januar 2018.