RM Rudolf Müller
Dichtungsschlämmen werden auch am Boden verarbeitet – etwa unter Fliesen.  Foto: PCI

Dichtungsschlämmen werden auch am Boden verarbeitet – etwa unter Fliesen.  Foto: PCI

Bauchemie
23. Juli 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Was sind Dichtungsschlämmen?

Mineralische Dichtungsschlämmen (MDS) sind flüssig zu verarbeitende, vielfältig einsetzbare Abdichtungsstoffe, die Oberflächen in unterschiedlichsten Gebäudebereichen vor Feuchtigkeit schützen. Man kann mit ihnen zum Beispiel Kellerräume nachträglich von innen abdichten, Feuchtraumoberflächen unter Fliesenbelägen behandeln, aber auch erdberührte Bauteile von außen gegen drückendes Wasser abschirmen.

Bei Dichtungsschlämmen – auch Dichtschlämmen genannt – handelt es sich üblicherweise um Trockenmörtel mit Zement als Bindemittel, die als pulverförmige Sackware verkauft werden und vor der Verarbeitung noch mit Wasser anzurühren sind. Ein reiner Zementmörtel wäre allerdings nicht wasserdicht. Diese Eigenschaft erhalten die Produkte erst durch den Zusatz von Kunststoffanteilen.

Diese Zusätze ermöglichen sogar den Schutz vor drückendem Wasser, wie es bei erdberührten Bauteilen etwa durch Hochwasser und stauendes Sickerwasser oder durch einen hohen Grundwasserspiegel vorkommen kann. Trotz des Kunststoffanteils spricht man von mineralischen Dichtungsschlämmen (MDS). Schließlich sind die Hauptbestandteile des Mörtels (Zement, Sand) mineralischer Natur.

Vielfältig einsetzbar

Es handelt sich um pulverförmige Zement-Trockenmörtel. Foto: PCI

Es handelt sich um pulverförmige Zement-Trockenmörtel. Foto: PCI

MDS sind Universalabdichtungen, die man an zahlreichen Stellen im Innen- und Außenbereich von Gebäuden verwenden kann. Bei Neubauten kommen sie im erdberührten Bereich auch zur äußeren Abdichtung gemauerter Kellerwände zum Einsatz. Für diese Anwendung greift man allerdings heute eher auf eine Weiterentwicklung der mineralischen Dichtungsschlämmen zurück: die so genannten FPD-Abdichtungen.

Für die vertikale Keller-Außenabdichtung gibt es zudem noch weitere Konkurrenzprodukte. Das Spektrum reicht hier von Anstrichen und Bahnen auf Bitumenbasis („Schwarze Wanne“) über elastische Kunststoffbahnen („K-Wanne“) bis hin zum Keller aus wasserundurchlässigem Beton („Weiße Wanne“). Diese Varianten haben wir bereits im Beitrag „Die wichtigsten Methoden zur Abdichtung des Kellers“ beschrieben. Nichtsdestotrotz werden auch klassische MDS weiterhin im Kellerbereich eingesetzt – allerdings vor allem zur nachträglichen Abdichtung im Innenbereich.

Ebenso eignen sich die kunststoffvergüteten Zementmörtel als horizontale Feuchtigkeitssperre in oder unter Wänden. Hier werden sie als Alternative zu bahnenförmigen Mauerwerkssperren genutzt. Im Außenbereich findet man sie zudem häufig unter Fliesenbelägen auf Balkonen und Terrassen sowie als Sockelabdichtung zum Schutz der besonders spritzwasserbelasteten Fassadenbereiche direkt über der Geländeoberkante. Apropos Spritzwasserschutz: Auch gefährdete Bereiche in Bädern und sonstigen Feuchträumen lassen sich effektiv schützen, wenn man MDS-Produkte unter Wand- und/oder Bodenbelägen aufträgt.

Kellerabdichtung von innen

Die nachträgliche Abdichtung von Kellerwänden oder -böden ist ohne allzu großen Aufwand und zu vertretbaren Kosten oft nur von innen möglich. Sie kann notwendig werden, wenn vorhandene Abdichtungen mit der Zeit undicht geworden sind. Oder in Altbauten, die nie eine äußere Kellerwandabdichtung hatten, bei denen aber im Laufe der Zeit durch veränderte Druckwasserverhältnisse im Untergrund Feuchteprobleme auftreten.

Mineralische Dichtungsschlämmen sind für die innere Kellerabdichtung grundsätzlich gut geeignet – sowohl an der Wand als auch am Boden. Sie sind einfach zu verarbeiten und lassen sich sowohl streichen als auch spachteln. Profis können die maschinelle Verarbeitung per Spritzmaschine praktizieren. Der Auftrag erfolgt in dünnen Schichten – meist zweilagig. Die Gesamtschichtstärke der Abdichtung beträgt in der Regel maximal einen halben Zentimeter, sodass so gut wie kein Raumverlust entsteht.

Die dünn aufgetragenen MDS trocknen schnell und verschließen dabei die Poren des Untergrunds. Dank des hydraulischen Bindemittels Zement sind sie anschließend nicht wasserlöslich. Dank der Kunststoffzusätze sind sie zudem wasserdicht und somit auch frostsicher. Außerdem gelten sie als sehr alterungsbeständig.

Auf der anderen Seite bleiben MDS-Sperrschichten aber dauerhaft durchlässig für Wasserdampf. Das ist wichtig für die Innenabdichtung von Bauteilen, die von außen drückendem Wasser ausgesetzt sind. Wären die Dichtungsschlämmen dampfdicht, könnte der Druck unter Umständen dazu führen, dass die Abdichtungsschicht „gesprengt“ wird.

Vielfältige Beschichtungen möglich

Im Außenbereich verwendet man MDS unter anderem zur Sockelabdichtung. Foto: PCI

Im Außenbereich verwendet man MDS unter anderem zur Sockelabdichtung. Foto: PCI

Hat man den Keller von innen mit Dichtungsschlämme „ausgekleidet“, sollte aus dem Erdreich keine Feuchtigkeit mehr eindringen. Herrscht im Raum allerdings aus anderen Gründen eine dauerhaft hohe relative Luftfeuchtigkeit von über 60 %, sind Dichtungsschlämmen an Wand und/oder Boden möglicherweise doch keine so gute Lösung. Dann nämlich droht die Feuchtigkeit an den kalten Oberflächen der Gebäudehülle zu kondensieren und kann dort Schimmelbildung auslösen.

Die Schimmelgefahr bei hoher Raumluftfeuchtigkeit lässt sich verringern, indem man die Oberflächentemperatur der Kellerwand erhöht – etwa durch die Montage einer Innendämmung. Das ist ein großer Vorteil mineralischer Dichtungsschlämmen: Sie lassen sich auf vielfältige Weise beschichten. Und zwar nicht nur mit Dämmstoffen, sondern genauso problemlos auch mit Putz oder Innenfarbe. Natürlich ist auch eine Beschichtung mit Fliesen oder Platten möglich. Das macht MDS so interessant fürs Bad. Die Vielfalt gilt ebenso im Bodenbereich: Dichtungsschlämmen vertragen sich mit allen Oberbelägen.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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