RM Rudolf Müller
Wohnungseingangstüren müssen ein Schalldämm-Maß von mindestens 27 dB erreichen. Foto: Schörghuber

Wohnungseingangstüren müssen ein Schalldämm-Maß von mindestens 27 dB erreichen. Foto: Schörghuber

Bauelemente
09. Juni 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Anforderungen an Wohnungseingangstüren

In einem Mehrfamilienhaus werden der Hausflur und die einzelnen Wohneinheiten durch Wohnungseingangstüren abgegrenzt. Doch welche Anforderungen gelten eigentlich für diesen Türentypus? Bis vor Kurzem war diese Frage nicht klar geregelt. Mit der neuen DIN SPEC 18105 wurde nun erstmals ein einheitlicher Standard für Wohnungseingangstüren definiert.

Alle Wohnhäuser – egal ob Ein- oder Mehrfamilienhaus – haben eins gemeinsam: Man gelangt in sie von außen über eine Haustür. Die Wohneinheiten wiederum verfügen über Innentüren, die einzelne Räume voneinander abgrenzen. Vor allem in Mehrfamilienhäusern gibt es darüber hinaus aber noch einen dritten Türentypus: Wohnungseingangstüren. Anders als Haustüren markieren sie nicht den Übergang von draußen ins Gebäudeinnere, sondern den Grenzbereich zwischen gemeinschaftlichem Innenbereich – meist der Hausflur – und den verschiedenen Wohnungseinheiten.

Neu seit September 2019

Haustüren müssen den äußeren Witterungseinflüssen sowie großen Temperaturunterschieden auf ihrer Innen- und Außenseite standhalten – also formstabil bleiben. Bei Wohnungseingangstüren sind diese Belastungen nicht ganz so stark, aber gleichwohl deutlich relevanter als bei Innentüren. Auf der anderen Seite sind Haustüren in Mehrfamilienhäusern oft verglast, um mehr Tageslicht im Hausflur zu garantieren. Von Wohnungseingangstüren wird dagegen in der Regel erwartet, dass sie Sichtschutz bieten, um die Privatsphäre der Wohnungsbewohner zu wahren.

Doch was unterscheidet eigentlich Wohnungseingangstüren von normalen Innentüren? Oder anders gefragt: Gibt es einen einheitlichen Standard für Wohnungseingangstüren? Steht irgendwo geschrieben, was diese Türen können müssen, um für Wohnungseingänge geeignet zu sein? Ja, so etwas gibt es. Allerdings erst seit September 2019, seit Veröffentlichung der DIN SPEC 18105 („Fenster und Türen –Wohnungseingangstüren – Kriterien für die Auswahl von Anforderungen und Merkmalen“).

Verpflichtend oder nicht?

Das „SPEC“ im Namen der DIN-Norm steht für das englische Wort „specification“ (Beschreibung, Spezifizierung). Dank der Norm können Händler, Verarbeiter und Architekten ihre Ausstattungsempfehlungen für Wohnungseingangstüren nun endlich mithilfe eines offiziellen Regelwerks untermauern.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Anforderungen der DIN SPEC 18105 sind gesetzlich nicht verpflichtend. Es ist also weiterhin nicht grundsätzlich verboten, Wohnungseingangstüren von geringerer Qualität einzubauen. Trotzdem wird die Norm nicht wirkungslos bleiben. Zum einen, weil ihre Bestimmungen Eingang in Anforderungsprofile von Bauausschreibungen und vertraglichen Vereinbarungen finden werden. Zum anderen, weil Türenhersteller ihre Produktangebote auf die Norm ausrichten.

So hat etwa der Holztürenhersteller Schörghuber bereits reagiert und bietet seit Januar 2020 ein neues Wohnungseingangstüren-Programm mit den drei Varianten „Basic“, „Komfort“ und „Exklusiv“ – für unterschiedliche Budgets und Funktionsansprüche. Dabei handelt es sich durchweg um Bauelemente, die die Anforderungen der DIN SPEC 18105 erfüllen – oder eben auch übererfüllen.

Was man auch noch wissen sollte: Die DIN SPEC 18105 ist streng genommen noch gar keine offizielle DIN-Norm, sondern nur eine Vornorm. Der Vorteil einer solchen Norm ist, dass sie viel schneller veröffentlicht werden kann als das beim herkömmlichen öffentlichen Normierungsprozess möglich ist. „Dafür muss bei einer DIN SPEC bereits nach drei Jahren (Normen: alle fünf Jahre) geprüft werden, ob sie überarbeitet, zurückgezogen oder als reguläre Norm veröffentlicht werden soll“, erläutert Prof. Ulrich Sieberath, Institutsleiter des ift Rosenheim.

Schallschutzanforderungen

Die Einbruchhemmung der Bauelemente muss mindestens der Widerstandsklasse RC2 entsprechen. Foto: Schörghuber

Die Einbruchhemmung der Bauelemente muss mindestens der Widerstandsklasse RC2 entsprechen. Foto: Schörghuber

Die DIN SPEC 18105 besteht im Wesentlichen aus zwei Tabellen und konzentriert sich auf wenige, werkstoffunabhängige Grundanforderungen an Wohnungseingangstüren. Am wichtigsten ist die Tabelle 1, der man die Mindestanforderungen für den Schallschutz, die Einbruchhemmung und das so genannte Differenzklima-Verhalten entnehmen kann. Tabelle 2 definiert weitere Eigenschaften, die für Wohnungseingangstüren je nach baulicher Situation gesondert vereinbart werden sollten, die aber nicht zu den allgemeinen Grundanforderungen gehören. Dazu zählen Anforderungen in den Bereichen Wärme- und Brandschutz sowie Barrierefreiheit.

Für den Schallschutz (Tabelle 1) gilt, dass Wohnungseingangstüren die Lautstärke äußerer Schallquellen um mindestens 27 dB senken müssen. Das gilt, wenn die Türen vom Hausflur in einen abschließbaren Flur innerhalb der Wohnung führen. Befindet sich hinter der Tür dagegen direkt ein Aufenthaltsraum, dann ist die Mindestanforderung höher. In diesem Fall muss die Wohnungseingangstür nämlich mindestens 37 dB „schlucken“.

Es sei noch einmal betont, dass die Norm hier nur Mindestanforderungen festlegt. Derart ausgestattete Türen senken zwar die in der Wohnung wahrnehmbare Lautstärke äußerer Geräusche, aber sie machen die Wohnung keinesfalls „schalldicht“. Zur Veranschaulichung: Bei einem Schalldämm-Maß von 27 dB sind selbst normale Gespräche im Hausflur in der Wohnung noch gut hörbar – wenn auch leiser als bei geöffneter Tür. Bei einem Schalldämm-Maß von 37 dB ist normales Sprechen immerhin nur noch schwer verständlich. Gleichwohl bleibt es noch hörbar.

Einbruchhemmung und Differenzklima-Verhalten

Bei der Einbruchhemmung nennt die Norm als Mindestanforderung die Widerstandsklasse RC2. Zur Erläuterung: Bauelemente dieser Widerstandsklasse („resistance class“) sind gemäß DIN EN 1627 so ausgestattet, dass sie dem Einbruchsversuch eines „Gelegenheitstäters“, der mit einfachen Werkzeugen wie Schraubendreher, Zange und Keil arbeitet, mindestens drei Minuten standhalten.

Da Wohnungseingangstüren häufig aus Holz oder Holzwerkstoffen bestehen, können sie sich unter dem Einfluss von Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen verformen. Dies darf aber nur in sehr geringem Maße toleriert werden. In jedem Fall ist auszuschließen, dass sich bei den Bauelementen in Folge von Verformungen die Schalldämmleistung und die Schießbarkeit verschlechtern. Wohnungseingangstüren (Türblatt und Zarge) müssen daher auf ihr Differenzklima-Verhalten getestet sein und dabei laut DIN SPEC 18105 die Klasse 2(c) erreichen. Das entspricht der Klimaklasse III nach RAL.

Die Prüfung erfolgt nach DIN EN 1121 („Türen –Verhalten zwischen zwei unterschiedlichen Klimaten – Prüfverfahren“). Dabei wird auf der einen Seite der Tür eine Temperatur von 20 °C und 30 % relative Luftfeuchtigkeit erzeugt (warme Seite), auf der anderen dagegen nur eine Temperatur von 3 °C und 85 % relative Luftfeuchtigkeit (kalte Seite). In diesem „Prüfklima c“ darf sich die Tür maximal um 4 mm verziehen. Nur dann ist die Klasse 2(c) erreicht, was einen Einsatz als Wohnungseingangstür nach DIN SPEC 18105 ermöglicht.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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