RM Rudolf Müller
Luftschallmessung auf der Baustelle. Alle Bilder: Saint-Gobain Isover

Luftschallmessung auf der Baustelle. Alle Bilder: Saint-Gobain Isover

Bauphysik
12. Juli 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Wertvoller Unterstützer

Schallschutzplanungen sind heute fester Bestandteil jeder Baumaßnahme und in den letzten Jahren zunehmend komplex geworden. Unterstützung bei der Planung und bei der frühzeitigen Einschätzung der schallschutztechnischen Qualität von Bauteilen versprechen Online-Berechnungstools, die einige Hersteller kostenfrei zur Verfügung stellen. Über die Leistungsfähigkeit des Schallschutz-Rechners von Dämmstoffhersteller Isover informiert im folgenden Beitrag die Diplom-Physikerin und Schallschutzexpertin Rebecca Bremen.

Für das Schallschutz-Nachweisverfahren nach DIN 4109-2:2018 genügt es schon seit einiger Zeit nicht mehr, die Schalldämmwerte einzelner Bauteile in den Katalogen der Hersteller nachzuschlagen. Gemäß der DIN-Norm darf man den Einfluss der flankierenden Bauteile nicht pauschal für eine mittlere flächenbezogene Masse angeben, sondern muss ihn auf Grundlage ihrer bewerteten Einzahlangaben berücksichtigen.

Hilfreiche Unterstützung bei diesem komplizierten Verfahren bietet der Schallschutzrechner von Isover (www.isover.de/schallschutzrechner). Wie exakt die damit ermittelten Werte der „gebauten“ Realität entsprechen und in welchem Umfang die Ergebnisse Teil einer umfassenden Bauherrenberatung sein können, hat der Dämmstoffhersteller an einem konkreten Bauvorhaben untersucht.

Schallübertragung von Raum zu Raum

Die Autorin Rebecca Bremen ist Diplom-Physikerin sowie Sachverständige für Schallschutz/Akustik und arbeitet in der Produktentwicklung von Saint-Gobain Isover.

Die Autorin Rebecca Bremen ist Diplom-Physikerin sowie Sachverständige für Schallschutz/Akustik und arbeitet in der Produktentwicklung von Saint-Gobain Isover.

Das gemeinsam von Isover und Rigips entwickelte Online-Berechnungstool konzentriert sich auf die Prognose der horizontalen und vertikalen Schallübertragung von Raum zu Raum und berücksichtigt hierfür eine große Auswahl an Trockenbaukonstruktionen und Fußbodenaufbauten. Alle Berechnungen erfolgen auf Grundlage der DIN 4109-2:2018 und beziehen die einzelnen Schallübertragungswege über die flankierenden Bauteile mit ein. Verglichen werden kann die Berechnung mit den Anforderungen nach DIN 4109-1:2018, VDI 4100:2012, DIN 4109-5:2020 oder DEGA Empfehlung 103.

Der einfache schallschutztechnische Vergleich unterschiedlicher Konstruktionen ist mit der Software übrigens auch ohne den Einbezug der flankierenden Bauteile möglich. Das erlaubt zumindest erste Anhaltspunkte für die weitere Planung. Im Reiter „Trennbauteil“ des Programms ist eine Auswahl zwischen den Konstruktionsarten „Leicht- und Massivbau“ sowie „mit und ohne Vorsatzschale“ möglich.

Bei einer vertikalen Schallübertragung zwischen zwei Geschossen lässt sich beispielsweise die Verbesserung des Trittschalls durch verschiedene schwimmende Estrichkonstruktionen auf einer Massivdecke ermitteln. Diese Berechnung gibt jedoch nur Hinweise für das einzelne Bauteil und somit keine Auskunft über den zu erwartenden Schallschutz im gesamten Gebäude – also unter Mitberücksichtigung der Schallweiterleitung über die flankierenden Bauteile.

Bauvorhaben in Heidelberg

Die Heidelberger US-Kaserne aus den 50ern wurde in ein KfW-55-Wohnhaus umgebaut.

Die Heidelberger US-Kaserne aus den 50ern wurde in ein KfW-55-Wohnhaus umgebaut.

Wer aber einen Schallschutznachweis nach DIN 4109-2:2018 zu erbringen hat, muss alle flankierenden Bauteile berücksichtigen. Dabei sind zahlreiche Schallnebenwege zu beachten. Gute Nachricht: Der Schallschutzrechner erlaubt auch die Eingabe von Kennwerten für die flankierenden Bauteile. Inwieweit die Prognosen des Online-Tools dann mit einer vor Ort tatsächlich durchgeführten Schallmessung übereinstimmen, hat Isover im Rahmen eines konkreten Bauvorhabens überprüft.

Die Überprüfung fand im Rahmen der energetischen Sanierung einer ehemaligen US-Kaserne in Heidelberg statt. Dieser Bau aus den 1950er-Jahren sollte in ein Wohnhaus mit dem Effizienzhaus-Standard KfW 55 umgebaut werden. Dafür wurden unter anderem die Grundrisse der ehemaligen Offizierswohnungen verändert, um sie an die Bedürfnisse der späteren Mieter anzupassen. Mittels Trennwänden machte man aus den vormals großen Wohnzimmern mehrere kleinere Raumeinheiten.

Bei der im Rahmen der Überprüfung untersuchten Trennwand handelt es sich um eine Konstruktion aus dem DIN-Bauteilkatalog: ein Ständerwerk aus CD-100-Profilen mit einer Trennwanddämmung aus 80 mm starker Mineralwolle-Dämmung (Isover Akustic TP1) und beidseitiger Beplankung mit 2 x 12,5 mm starken Bauplatten RB von Rigips.

Ergebnis der Berechnung

Auswahl der Raumsituation im Schallschutzrechner.

Auswahl der Raumsituation im Schallschutzrechner.

Um die zu erwartenden Schalldämmmaße zu ermitteln, wurden zunächst die tatsächlichen Raumgrößen in den Schallschutzrechner eingegeben und anschließend die Angaben zu den vorgefundenen flankierenden Bauteilen. Dabei handelte es sich um einen Fußboden mit schwimmendem Estrich und 15 mm starker Estrichdämmung, zwei massive Außenwände mit einem Gewicht von etwa 420 kg/m² sowie eine Hohlkörperdecke mit etwa 280 kg/m².

Der Schallschutzrechner errechnete aus diesen Eingaben ein Bauschalldämmmaß von R‘w = 50,6 dB. Nach Abzug des Sicherheitsbeiwertes lautet der Wert: R‘w – uprog = 48,6 dB. Der Beiwert uprog ist bei der Berechnung nach Norm DIN 4109:2018 notwendig. Er soll zum Beispiel Ausführungsmängel und Montagefehler berücksichtigen. Das für die Trennwand berechnete Ergebnis von 48,6 dB wurde anschließend mit den bereits zu Beginn im Schallschutzrechner hinterlegten Anforderungen an das Bauvorhaben verglichen. Ergebnis: Mit dieser Trennwandkonstruktion wurde die Anforderung von R‘w ≥ 53 dB an Wohnungstrennwände in Mehrfamilienhäusern nicht erreicht!

Verbesserungsmöglichkeiten auf Knopfdruck

Isover-Schallschutzrechner: Ergebnisdarstellung im Detail.

Isover-Schallschutzrechner: Ergebnisdarstellung im Detail.

Um Verbesserungsmöglichkeiten schnell und einfach erkennen zu können, bietet die Softwarelösung von Isover und Rigips die Möglichkeit, sich am Ende der Berechnungen alle Ergebnisse im Detail anzeigen zu lassen. Für das entsprechende Trennbauteil sowie für die flankierenden Bauteile wird dabei der Einfluss auf das Schalldämmmaß prozentual dargestellt. Somit ist leicht erkennbar, welcher Übertragungsweg am meisten zu einer unzureichenden Schalldämmung beiträgt und optimiert werden sollte.

Im Fall der ehemaligen US-Kaserne zeigte sich, dass die größte Schwachstelle das Trennbauteil selbst war, gefolgt von der Decke. Lösungsmöglichkeiten: Um einen höheren Schallschutz zwischen den Räumen zu erzielen, kann man zum Beispiel die Trennwände als Doppelständerwände ausführen oder alternativ die Decke mittels einer zusätzlichen abgehängten Decke aus Trockenbauplatten schallschutztechnisch ertüchtigen.

Messung am Bau

Um einen Vergleich mit der Praxis ziehen zu können, wurde eine Schallmessung auf der Baustelle durchgeführt. Diese erfolgte nach DIN EN ISO 16283-1. Dabei wurden der mittlere Schallpegel in beiden Räumen bestimmt und die Schallpegeldifferenz ermittelt. Nachhallzeit und Hintergrundgeräusch wurden im Empfangsraum ebenfalls gemessen.

Als bewertetes Schalldämmmaß ermittelte man durch die Messung einen Wert von R‘w = 49,6 dB. Wie man sieht, stimmen die Berechnung des Schallschutzrechners (R‘w – uprog = 48,6 dB) und das reale Messergebnis vor Ort annähernd überein. Das zeigt, dass sich die schallschutztechnische Qualität von Bauteilen mithilfe einer hochwertigen Berechnungssoftware im Vorfeld detailliert planen lässt, sodass vorgegebene Schallschutzziele mit hoher Sicherheit erreicht werden. Durch die genaue Aufschlüsselung der Einflüsse am Ende der Berechnung wurden beim Isover-Schallschutzrechner Schwachstellen sichtbar und konnten direkt mit alternativen Ausführungen verglichen werden.

Fazit

Der von Isover und Rigips kostenfrei angebotene Schallschutzrechner lässt sich als fundiertes Planungs-Tool und in der Bauherrenberatung einsetzen. Der in ihm hinterlegte Schallschutzkatalog umfasst konkrete Schalldämmwerte für über 4.000 Konstruktionen. Auf Basis von Grunddaten zum Gebäude und der großen Auswahl an Bauteilen lassen sich in wenigen selbsterklärenden Schritten das bewertete Schalldämmmaß R‘w beziehungsweise die bewertete Standard-Schallpegeldifferenz DnTw oder der bewertete Norm-Trittschallpegel L‘n,w eines Trennbauteils berechnen.

Wie in der DIN 4109:2018 gefordert, werden dabei die flankierenden Bauteile mitberücksichtigt. Der Schallschutzrechner ermittelt den Anteil jedes Übertragungsweges beziehungsweise des einzelnen Bauteils an der gesamten Schallübertragung und stellt diesen in übersichtlicher Form grafisch dar. Der Rechner und die hinterlegten Bauteilkataloge werden zudem kontinuierlich aktualisiert.

Neue Schallschutz-Broschüre

 Die 60-seitige Broschüre steht auf der Isover-Website zum kostenlosen Download bereit.


Die 60-seitige Broschüre steht auf der Isover-Website zum kostenlosen Download bereit.

Über den richtigen Umgang mit dem Schallschutz-Rechner informiert auch die aktuelle Broschüre „Immer mit der Ruhe – Isover Schallschutzwissen“. Neben einem bauphysikalischen Teil, der sich ausführlich den Grundlagen eines wirksamen Schallschutzes widmet und dabei zwischen der Luftschalldämmung von Wänden und Türen sowie der Trittschalldämmung unterscheidet, finden sich in der neuen Broschüre auf über 60 Seiten Konstruktionsvorschläge – zum Beispiel für Steildächer, Wandkassetten-Systeme oder zur Trittschallverbesserung bei Massivdecken nach DIN 4109-34 beziehungsweise für Massivholzdecken.

Dabei werden sowohl die Schallschutz-Mindestanforderungen nach DIN 4109-1 als auch die Empfehlungen für einen erhöhten Schallschutz nach DIN 4109-5 in klar strukturierter Tabellenform präsentiert. Mögliche Schallschutzkonstruktionen werden darüber hinaus in grafischer Form mit einer detaillierten Beschreibung des Aufbaus dargestellt. Auch die wichtigsten technischen Daten wie etwa der Schallabsorptionsgrad der Schallschluck- und Deckendämmplatten von Isover für verschiedene Frequenzen finden sich auf einen Blick. Die Broschüre steht kostenfrei unter www.isover.de/dokumente/isover-schallschutzwissen zum Download bereit.


 

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