
Rundum eingepackt: Der Strohkern ist allseitig mit Papierkarton ummantelt. Abbildungen: istraw
Was sind Strohbauplatten?
Bei Trockenbau denkt man zuerst an Gips. Vor allem Gipskartonplatten haben sich als Standard für die Verkleidung von Dachschrägen oder als Beplankungsmaterial für nichtragende Innenwände etabliert. Doch nicht nur Gips lässt sich mit Karton beschichten und so als Material für den Innenausbau verwenden. Mittlerweile werden auch in Deutschland so genannte Strohbauplatten angeboten.
Die „Stroh-Variante“ der Trockenbauplatten ist auf dem deutschen Markt allerdings noch relativ neu und die Zahl der Anbieter sehr übersichtlich. Sucht man im deutschsprachigen Internet nach dem Begriff „Strohbauplatten“, stößt man vor allem auf einen Anbieter: die 2011 gegründete Firma istraw aus dem oberbayerischen Kirchanschöring. Hinter dem Kunstnamen steht das „Technische Vertriebsbüro“ von Marcel Burgstaller. Der Begriff „Vertrieb“ ist in diesem Zusammenhang entscheidend, denn istraw ist nicht etwa ein Hersteller von Strohbauplatten, das Unternehmen vertreibt in Deutschland nur exklusiv die Strohbauplatten des tschechischen Herstellers Ekopanely.
Diese Platten mit Kartonummantelung eignen sich sowohl zur direkten Beplankung von Wänden und Decken und zur Konstruktion von Vorsatzschalen sowie Dachschrägen-Verkleidungen als auch zur Herstellung von Zwischenwänden im trockenen Innenausbau. Zwischenwände mit einer Länge von weniger als 3 m kann man mit den Strohbauplatten aus Tschechien sogar bauen, ohne dass eine Unterkonstruktion aus Trockenbauprofilen notwendig ist. Die Wände haben allerdings keine gebäudeaussteifende oder lastabtragende Wirkung.
Material und Herstellung

Leicht zu bearbeiten: Auch individuelle Rohrdurchführungen sind problemlos möglich.
Strohbauplatten mit Kartonummantelung – wie Ekopanely sie herstellt – waren in den 1940er-Jahren insbesondere in England schon einmal weit verbreitet. Im Vereinigten Königreich kam das vergleichsweise kostengünstige Baumaterial in den Nachkriegsjahren vor allem im Wohnungs- und Schulbau massenhaft zum Einsatz. Ab den 60er-Jahren wurde es dann aber zunehmend von den damals noch neuen Gipskartonplatten verdrängt. Heute erwecken Strohbaustoffe bei Architekten und Bauherren wieder vermehrt Interesse, was nicht zuletzt mit dem Trend zum nachhaltigen Bauen zusammenhängt.
Strohbauplatten bestehen nämlich im Wesentlichen aus Getreidestroh, also aus einem sehr schnell nachwachsenden natürlichen Rohstoff, der als „Abfallstoff“ des Getreideanbaus weltweit in großen Mengen anfällt. Getreidestroh wächst wesentlich schneller als Bäume, sodass Strohbaustoffe in dieser Kategorie nachhaltiger einzustufen sind als herkömmliche Holzwerkstoffe. Hinzu kommt, dass die ökologischen Baustoffe fast ganz ohne Bindemittel oder Klebstoffe auskommen. Für die Ummantelung des Strohkerns kommt zudem Recyclingkarton zum Einsatz.
Bei der Herstellung der Ekopanely-Platten wird das gereinigte Weizenstroh einfach unter hohen Temperaturen und hohem Druck zusammengepresst. Als Bindemittel dient einzig das stroheigene Lignin. Für die wasserfeste Verbindung der Strohhalme im Plattenkern muss man also keine externen Klebstoffe hinzufügen. Das in Plattenform gebrachte Stroh wird allseitig mit Papierkarton beschichtet. So ist der pflanzliche Kern am Ende komplett „eingepackt“. Die Verbindung von Stroh und Karton erfolgt mithilfe von formaldehydfreiem Weißleim.
Konstruktion von Innenwänden

Hohe Stabilität: Strohbauplatten sind deutlich dicker als herkömmliche Gipskartonplatten.
Eine nichttragende Innenwand aus Strohbauplatten lässt sich ganz schnell errichten, indem man einfach zwei Lagen der Platten direkt miteinander verschraubt, sodass sie sich vollflächig berühren. Ab einer Wandlänge von 3 m ist zwischen den Plattenlagen allerdings ein zusätzliches Ständerwerk aus Metall- oder Holzprofilen notwendig, um eine ausreichende Queraussteifung zu erreichen. Der dadurch entstehende Hohlraum im Inneren der zweischaligen Wand kann für die Verlegung technischer Leitungen oder sonstiger Installationen genutzt werden. Alternativ lässt er sich auch mit Dämmstoffen füllen. Auch eine Aussteifung mit Winkelprofilen ist möglich.
Egal ob mit oder ohne Unterkonstruktion: Um die Kippsicherheit der „Strohwände“ zu garantieren, sind die Platten in jedem Fall mit den angrenzenden Böden, Decken und Wänden zu verschrauben. Dafür gibt es passende Profile aus Metall oder Holz. Die Stöße zwischen den einzelnen Platten schließt man beim Ekopanely-System mithilfe von Fugendeckstreifen und Spachtelmassen.
Nach Angaben von istraw lassen sich die Strohbauplatten mit allen Oberflächenmaterialien beschichten, die auch bei Gipskartonplatten üblich sind. Soll die Wand verputzt werden, ist zunächst eine Grundierung aufzutragen, um die Saugfähigkeit des Untergrunds zu verringern und den Haftverbund zum Oberputz zu verbessern. Auch eine Beschichtung mit Fliesen ist möglich. Auf diese Weise werden die Platten auch für den Einsatz im Bad interessant. In Spritzwasser-beanspruchten Bereichen ist dafür allerdings unter den Fliesen eine Abdichtung notwendig, um die Platten vor Feuchtigkeit zu schützen.
Bauphysikalische Eigenschaften
Ekopanely bietet seine Strohplatten in den Standardstärken 38 und 58 mm an. Das ist ein gutes Stück dicker als herkömmliche Gipskartonplatten. Diese sind dadurch leichter, aber auch weniger stoßfest als die Strohbauplatten. Letztere lassen sich problemlos sägen, bohren, fräsen und schrauben. Offene Schnittkanten muss man allerdings anschließend wieder verspachteln oder abkleben, um den Strohkern vor Feuchtigkeit zu schützen.
Nach Angaben des Herstellers können die Strohbauplatten vorübergehend überschüssige Feuchtigkeit aus der Raumluft aufnehmen und tragen somit zur Raumklimaregulierung bei. Außerdem bieten sie eine gute Schalldämmung. Die Wärmeleitfähigkeit des Materials liegt bei 0,097 W/mK, das entspricht in etwa dem Wert für Holzwolle-Platten.
Aber brennt Stroh nicht lichterloh? Eigentlich schon. Das Brandverhalten der Platten wird auch nur als normal entflammbar eingestuft (Baustoffklasse B2). Nach Angaben von Ekopanely verhalten sich die Platten bei direkter Beflammung aber eher wie ein dickes, geschlossenes Telefonbuch: Es findet eine oberflächliche Verkohlung statt, aber einer Brandweiterleitung wird ein hoher Widerstand entgegengesetzt. Ursache dafür ist die starke Verdichtung des zusammengepressten Strohs. Dadurch fehlt dem Feuer der notwendige Sauerstoff.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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