RM Rudolf Müller
Wenn es trotz äußerer Hitze im Gebäude wohnbehaglich bleibt, liegt das oft am sommerlichen Wärmeschutz. Grafik: Pixabay

Wenn es trotz äußerer Hitze im Gebäude wohnbehaglich bleibt, liegt das oft am sommerlichen Wärmeschutz. Grafik: Pixabay

Dämmstoffe
06. September 2018 | Artikel teilen Artikel teilen

Was ist sommerlicher Wärmeschutz?

Der Sommer 2018 war ungewöhnlich heiß. Monatelang ächzten die Deutschen unter extremen Temperaturen – im Freien, aber auch in ihren Häusern. Natürlich kann man geschlossene Räume auch technisch herunterkühlen. Doch Klimaanlagen verbrauchen viel Energie, und viele Menschen vertragen sie nicht. Und wer will im Sommer schon ständig die Fenster geschlossen halten? Umso wichtiger ist es, dass die Gebäude selbst einen effektiven sommerlichen Wärmeschutz ermöglichen. Doch was ist das eigentlich?

Der Begriff „sommerlicher Wärmeschutz“ löst oft Irritationen aus. Das hängt damit zusammen, dass man bei Wärmeschutz in erster Linie daran denkt, was Dämmstoffe in der kalten Jahreszeit leisten: Im Verbund mit einer luftdichten Gebäudehülle sorgen sie dafür, dass die vorhandene Raumwärme langsamer nach draußen abfließt und tragen so zur Einsparung von Heizenergie bei. Im Winter schützen die Dämmstoffe das Gebäude also vor einem schnellen Wärmeverlust.

Aber Dämmstoffe funktionieren eben auch „anders herum“: Sie bewirken nicht nur, dass Raumwärme länger erhalten bleibt, sondern sorgen umgekehrt auch dafür, dass Hitze von außen nicht so schnell ins Gebäude eindringt. Wenn im Sommer die Sonne den ganzen Tag erbarmungslos brennt, heizen sich die Innenräume in gedämmten Häusern deutlich langsamer auf als in nicht gedämmten Gebäuden. Man kann auch sagen: Die Dämmung – vor allem im Dachbereich, aber auch an der Fassade – trägt zum sommerlichen Wärmeschutz bei.

Dämmstoffe und Sonnenschutz

Allerdings sind Dämmstoffe nur ein Aspekt dieses Themas. Auch alle anderen Maßnahmen, die dazu beitragen, dass weniger Sonnenwärme in Innenräume eindringt, sind Bestandteil des sommerlichen Wärmeschutzes eines Gebäudes. Dazu zählen natürlich sämtliche Sonnenschutzsysteme, die zur Verschattung von Häusern beitragen – von der Markise über Rollläden bis hin zu Rollos, Jalousien oder Plissees. Sie verhindern, dass es durch Sonneneinstrahlung auf die Fensterflächen zum „Treibhauseffekt“ kommt, der zwar in Gewächshäusern durchaus gewollt, in Wohnräumen aber definitiv unerwünscht ist.

Äußere oder innere Sonnenschutzsysteme ergänzen den Wärmeschutz des Gebäudes dort, wo keine Dämmstoffe verbaut sind: im Bereich von Fenstern beziehungsweise bei Fenstertüren auf Balkonen und Terrassen. Neben klassischen Systemen gibt es für Mehrscheiben-Isolierverglasungen auch immer mehr Lösungen, bei denen der Sonnenschutz im Scheibenbereich selbst integriert ist. Beispiele dafür sind etwa reflektierende Folien und Jalousien zwischen den Scheiben, Sonnenschutz-Beschichtungen auf der Außenscheibe oder elektrochrome Verglasungen. Auch solche scheibenintegrierten Lösungen können ein effektiver Bestandteil des sommerlichen Wärmeschutzes sein.

Lüften bleibt unvermeidlich

Eine effektive Dachdämmung schützt das Eigenheim vor Überhitzung. Foto: Puren

Eine effektive Dachdämmung schützt das Eigenheim vor Überhitzung. Foto: Puren

Bei einem langen und heißen Sommer nützt alles Dämmen und Verschatten wenig, wenn die Wohnung nicht auch regelmäßig ausgiebig gelüftet wird. Allerdings sollte das vorrangig dann geschehen, wenn die Sonnenkraft draußen nachgelassen und sich die Außenluft zumindest etwas abgekühlt hat: also am späten Abend oder in der Nacht. Zu diesen Zeiten bestehen bessere Chancen, dass die Raumluft tatsächlich gegen kühlere Außenluft ausgetauscht wird. Im optimalen Fall geben die Innenraumoberflächen (Wände, Decken, Fußböden, Möbel) dann einen Teil der in ihnen gespeicherten Wärme ab, sodass sie am nächsten Tag wieder aufnahmefähiger für die Zwischenspeicherung überschüssiger Raumwärme sind.

Die Nachtlüftung ist gewissermaßen das natürliche Pendant zu den baulichen Maßnahmen des sommerlichen Wärmeschutzes. Dämmstoffe in der Gebäudehülle und Sonnenschutzsysteme im Fensterbereich sorgen dafür, dass sich das Gebäude langsamer aufheizt. Völlig verhindern können sie den Hitzeeintrag aber nicht, schon gar nicht bei einem Jahrhundertsommer wie 2018. Doch bereits die langsamere Aufheizung bringt für den Hausbewohner ein deutliches Plus an Wohnbehaglichkeit.

Langfristig lässt sich ein solcher Zustand aber eben nur konservieren, wenn die Hitze, die sich im Innenraum langsam aufgestaut hat, zwischendurch immer wieder abgebaut wird. Deshalb ist die Nachtlüftung so wichtig und ebenfalls ein entscheidender Baustein für einen funktionierenden sommerlichen Wärmeschutz.

Wärmespeicherung durch Baustoffe

Bei gleichbleibendem Dämm- und Verschattungsniveau sowie konstantem Nachtlüftungsverhalten unterscheidet sich die empfundene Hitze je nach Wärmespeicherfähigkeit der im Innenraum verwendeten Baustoffe. Je massiver und stärker Wände, Decken und Fußböden gebaut sind, umso mehr Wärme können sie zwischenspeichern. Dicke Wände aus dichten Materialien wie zum Beispiel Beton oder Kalksandstein haben eine hohe Wärmespeicherfähigkeit. Das hilft oft schon, um Temperaturspitzen der Raumluft auf ein erträgliches Maß abzusenken.

Auch die im Gebäude vorhandene Raumspeichermasse kann also einen spürbaren Beitrag zum sommerlichen Wärmeschutz leisten. Das Prinzip funktioniert übrigens nicht nur bei massivem Beton oder Mauerwerk. Auch im Trockenbau bieten stärkere Wände mehr Speichervolumen. Wird zum Beispiel eine Dachschräge nicht nur einfach, sondern doppelt mit Gipskartonplatten bekleidet, dann führt das zu einer höheren Wärmespeicherfähigkeit.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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