
Die Klebtechnik eignet sich auch für tragfähige HBV-Decken mit großen Spannweiten. Foto: Universität Kassel / Jens Frohnmüller
Holz-Beton-Verbund: Neue Klebtechnik
Holz-Beton-Verbundelemente findet man im Bauwesen vor allem bei Deckenkonstruktionen. Statt reiner Beton- oder reiner Holzbalkendecken verspricht der Materialmix einige Vorteile. Die Herstellung der Hybridbauteile ist allerdings noch relativ kostenintensiv. Doch es gibt Fortschritte: Eine Forschergruppe unter Beteiligung des Fraunhofer WKI hat eine neuartige Klebtechnik entwickelt, mit deren Hilfe Holz-Beton-Verbundelemente künftig schneller und einfacher hergestellt werden könnten.
Das Schnellklebverfahren hat das Fraunhofer-Institut für Holzforschung WKI (Wilhelm-Klauditz-Institut) zusammen mit dem Institut für Füge- und Schweißtechnik der TU Braunschweig und dem Fachgebiet Bauwerkserhaltung und Holzbau der Universität Kassel entwickelt. Die neue Fügetechnik soll Elemente aus Holz-Beton-Verbund (HBV) konkurrenzfähiger gegenüber reinen Betonelementen machen. Nach Angaben der Forschenden ist sie nicht nur schnell und einfach, sondern auch flexibel einsetzbar: Die Klebmontage kann sowohl im Fertigteilwerk als auch direkt auf der Baustelle erfolgen.
Vorteile von HBV-Elementen

Die HBV-Decke „Suprafloor ecoboost2” für mehrgeschossige Bürobauten hat eine integrierte Heiz-/Kühlfunktion. Foto: ERNE AG Holzbau, Laufenburg
HBV-Elemente werden im mehrgeschossigen Hochbau vor allem als Deckenelemente eingesetzt. Im Vergleich zum reinen Beton- oder reinen Holzbau bieten sie einige Vorteile. „In der Kombination von Holz und Beton werden die spezifischen Druck- und Zugfestigkeiten der Materialien ideal kombiniert“, erklärt Malte Mérono, Projektleiter am Fraunhofer WKI. Beton ist zwar druckfester als Holz. Das Bauteil wird also tragfähiger. Dafür bieten Holzbalken aber mehr Zugfestigkeit.
HBV-Decken erlauben höhere Spannweiten als reine Holzbalkendecken. Sie können zudem dünner konstruiert werden und bieten einen besseren Schall- und Brandschutz. Im Vergleich zu reinen Betondecken wiederum stehen Holz-Beton-Verbunddecken aufgrund des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe für mehr Nachhaltigkeit. Es lässt sich Fichten- oder Buchenholz verwenden, das nahezu überall in Deutschland lokal verfügbar ist.
Der Holzanteil in HBV-Elementen reduziert zudem das Bauteilgewicht, wodurch nachhaltigere Leichtbaulösungen möglich werden. Und Holz hat eine geringere Wärmeleitfähigkeit als Beton, bietet also mehr Wärmedämmung. Auf der anderen Seite erhöht der Betonanteil die Wärmespeicherfähigkeit des HBV-Elements. Beton eignet sich hervorragend zur Bauteilaktivierung.
Aufbau von Verbunddecken
Eine HBV-Decke ist im Prinzip eine Holzbalkendecke mit einer zusätzlichen Stahlbeton-Platte auf der Oberseite. Die Holzbalken werden von unten meist noch verkleidet, wobei die Balken manchmal sichtbar bleiben, oft aber auch verdeckt werden. Der Hohlraum zwischen den Balken lässt sich zum Beispiel mit Dämmstoffen füllen, um Wärme-, Schall- und/oder Brandschutz zu verbessern. Er kann aber auch für Kabel und Rohre beziehungsweise für die Installation einer Heiz-/Kühldecke genutzt werden.
Die Verbindung zwischen den Materialien Holz und Beton erfolgt bisher meist mithilfe von Verbundschrauben. Oder man befestigt im Holz spezielle Verbindunganker (so genannte Schubverbinder), die oben aus den Balken herausragen und zusammen mit der Stahlbewehrung einbetoniert werden. Letzteres erfordert dann aber den Einsatz von Frischbeton auf der Baustelle. Beide Verfahren haben Nachteile: Die Verschraubung der HBV-Elemente ist sehr zeitaufwändig, und durch den Einsatz von Frischbeton ergeben sich ein erhöhter Feuchteeintrag und eine längere Bauzeit.
Aufgrund dieser Nachteile waren HBV-Elemente im Vergleich zur reinen Betonbauweise bisher bei vielen Bauobjekten nicht konkurrenzfähig. Durch die neue Schnellklebetechnik könnte sich das ändern. Sie ermöglicht eine relativ unkomplizierte Verklebung von Holzbalken und vorgefertigten Betonplatten – entweder werkseitig oder erst auf der Baustelle. So lassen sich das aufwändige Verschrauben und zugleich der Eintrag von Frischbeton ins Bauwerk vermeiden. Zugleich entsteht durch die neuartige Verklebung nach Angaben des Fraunhofer WKI ein starrer Verbund – anders als bei den mechanischen Fügetechniken. Und natürlich funktioniert die Klebetechnik nicht nur bei Decken, sondern auch bei allen anderen Holz-Beton-Verbundbauteilen.
Neues Klebverfahren entwickelt

Bei diesem Holz-Beton-Verbund kam das konduktiv beheizte Klebeband zum Einsatz. Foto: Gregor Wisner / TU Braunschweig
Bisher wurde angenommen, dass sich ausschließlich sandgestrahlte Betonoberflächen für Klebungen eignen. Die Forschergruppe unter Leitung des Fraunhofer WKI konnte diese These nun widerlegen. Im Forschungsprojekt „SpeedTeCC – Wirtschaftliche Herstellung hochwertiger Holz-Beton-Verbundelemente unter Anwendung einer innovativen Schnellklebtechnik und Einsatz von Laubholz“ (IGF-Forschungsvorhaben Nr. 19417 N) wurde nachgewiesen, dass auch schalungsglatte Betonoberflächen mit Holz verklebt werden können, wenn konsequent auf Trennmittel in der Betonherstellung verzichtet wird.
Nach Angaben des Fraunhofer WKI kommen als Klebstoffe sowohl zweikomponentige Epoxide (2K-EP) als auch einkomponentige, heißhärtende Polyurethane (1K-PU) infrage. Um eine effektive Verbindung zu ermöglichen, haben die Forscher ein spezielles Verfahren mit konduktiv beheizten Klebebändern entwickelt. Dabei wird zwischen Holz- und Betongefüge ein gelochtes, metallisches Klebeband eingelegt, auf das man einen der oben genannten Klebstoffe frisch aufträgt. Würde man nun einfach warten, bis die Holz-Beton-Verbindung ausgehärtet ist, könnte dies – je nach Anwendung und Klebstoff – einige Stunden bis hin zu zwei Tagen dauern.
Doch die Forschenden wollten ihre Klebtechnik noch effektiver machen und entwickelten daher eine spezielle Heißklebemethode. Dafür beheizten sie die Klebebänder elektrisch. Sie befestigten also an beiden Seiten des Klebebandes Stromklemmen und ließen Strom durch das Metall fließen. Der Effekt war frappierend. „Durch die Heißhärtung konnten wir die Aushärtezeit auf bis zu fünf Minuten reduzieren“, freut sich Projektleiter Malte Mérono.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
Unter Mineraldecken versteht man abgehängte Deckenkonstruktionen aus so genannten Mineralplatten. Sie werden – neben optischen Kriterien – häufig eingesetzt, um...
mehr »
Sowohl im Objekt- als auch im Wohnungsbau ist die Stahlbetondecke heute die am meisten verbreitete Deckenart. Zu ihren Vorteilen zählt...
mehr »
Holzbalkendecken waren in Wohnbauten bis weit in die 1950er-Jahre die vorherrschende Deckenkonstruktion. Danach wurden sie zunehmend von Stahlbetondecken verdrängt. Vor...
mehr »