RM Rudolf Müller
Dieser Hybrid-Leichtbauträger besteht zum Teil aus Buche-Furnierschichtholz.  Foto: Brüninghoff Group

Dieser Hybrid-Leichtbauträger besteht zum Teil aus Buche-Furnierschichtholz.  Foto: Brüninghoff Group

Forschung, Technik und Trends
20. September 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Träger und Stützen aus Buchenholz?

Statt Vollholzbalken verwendet man im tragenden Holzbau heute überwiegend Bauteile aus Brettschicht- oder Furnierschichtholz. Bisher bestehen diese Elemente fast ausschließlich aus Nadelholz – meist aus Fichte. Der Klimawandel jedoch forciert das Fichtensterben und zwingt zu einem Waldumbau mit mehr Laubholzbeständen. Kann man Träger und Stützen künftig auch aus Buchenholz herstellen? Das ist eine Frage, zu der gerade viel geforscht wird.

Brettschichtholz und Furnierschichtholz sind artverwandte Baustoffe. In beiden Fällen handelt es sich um geschichtete Elemente aus faserparallel verleimten Echtholzlagen. Einziger Unterschied: Beim Brettschichtholz sind die einzelnen Schichten relativ dick – es handelt sich im wahrsten Sinne des Wortes um „Bretter“ –, während man für Furnierschichtholz dünne Furniere miteinander verklebt.

Belastbarer als Vollholz

Beide Materialien verwendet man im konstruktiven Holzbau häufig für Trägerkonstruktionen und Stützbalken. Sie sind in dieser Funktion sogar belastbarer als klassische Vollholzbalken. Außerdem lassen sie sich in jeder beliebigen Größe herstellen. Gefertigt werden Brettschicht- und Furnierschichtholz bisher überwiegend aus Fichtenholz. Das ist zwar nicht so hart wie Laubholz, es lässt sich aber gerade deshalb leichter bearbeiten.

Furnierschichtholz besteht zwar aus sehr dünnen Schichten, aber dennoch sind stabförmige Elemente aus diesem Material noch formstabiler als Brettschichtholzbalken. Die besonders hohe Formstabilität hängt unter anderem damit zusammen, dass hier Fehlstellen wie Risse oder Astlöcher immer nur auf einzelne Furnierblätter begrenzt bleiben.

Für weitgespannte Hallentragwerke, die die Lasten großer Dachflächen ableiten müssen, setzt man natürlich in vielen Fällen auf Stahl- und Stahlbetonträger. Doch auch Holzträger sind oft gewünscht. Zum Einsatz kommen dann in der Regel Elemente aus Nadelbaum-Brettschichtholz. Das wird im konstruktiven Holzbau deutlich häufiger verwendet als Furnierschichtholz, vor allem, weil sich das Material günstiger herstellen lässt.

Hallentragwerk mit Buche-Furnierschichtholz

Die beiden Trägerhälften werden über einen Kopplungsstoß aus Stahl verbunden. Foto: Brüninghoff Group

Die beiden Trägerhälften werden über einen Kopplungsstoß aus Stahl verbunden. Foto: Brüninghoff Group

Umso bemerkenswerter ist der neuartige Hybrid-Leichtbauträger, den das Labor für Holzbau an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden in einem Forschungsprojekt zusammen mit der Brüninghoff-Unternehmensgruppe entwickelt hat. Auch dieses Element, das ein satteldachförmiges Tragwerk ausbildet, besteht zwar zum Teil aus dem üblichen Fichtenholz sowie kleineren Stahlkomponenten. Doch große Teile des Trägers sind auch aus Furnierschichtholz gefertigt – und zwar nicht aus Nadelholz-, sondern aus Buchenfurnier.

Genauer gesagt besteht der parallele Ober- und Untergurt des Trägers aus Buche-Furnierschichtholz. Es handelt sich im Übrigen nicht um einen Vollwand-Träger, sondern um ein materialsparendes Fachwerk-Hallentragwerk. Die verbindenden Balken zwischen Ober- und Untergurt sind aus Fichte-Brettschichtholz. Die Verbindung erfolgte hier per Holz-Holz-Verklebung. Der Ober- und Untergurt wiederum wurde zweiteilig konstruiert. Das verringert die Transportlänge und hilft kostenintensive Sondertransporte zu vermeiden. Auf der Baustelle lassen sich die beiden Trägerhälften im Firstpunkt über einen Kopplungsstoß aus Stahl verbinden.

Der Hybrid-Leichtbauträger aus Laub- und Nadelholz sowie Stahl punktet nach Angaben der Projetverantwortlichen gegenüber bisherigen Tragsystemen mit verbesserter Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Ressourceneffizienz. Das Beispiel verdeutlicht zudem, dass sich Buchenholz für solche Elemente durchaus verwenden lässt. Um zu zeigen, dass dies sogar im Rahmen einer industriellen Serienfertigung funktionieren kann, haben die Projektpartner auch gleich das Konzept für ein entsprechendes Fabriklayout erarbeitet. Zur Veranschaulichung wurde zudem ein 16 m langer Demonstrator aus zwei Trägerhälften gefertigt (siehe Foto ganz oben).

Eigenschaften von Buchenholz

Mit solchen Brettschichtholzträgern aus Buchenholzbrettern von niedriger Qualität experimentiert die TU Kaiserslautern. Foto: Pollmeier Massivholz GmbH

Mit solchen Brettschichtholzträgern aus Buchenholzbrettern von niedriger Qualität experimentiert die TU Kaiserslautern. Foto: Pollmeier Massivholz GmbH

Die Buche ist die in Deutschland am meisten verbreitete Laubbaumart. Doch Buchenholz ist nicht gleich Buchenholz. Der äußere Teil des Baumstamms gilt durchaus als hochwertig und kommt häufig im Möbel- und Treppenbau zum Einsatz. Das qualitativ minderwertigere Kernholz dagegen wird meist nur als Brennstoff verwendet. Allenfalls nutzt man es für den Bau von Transportpaletten oder für Unterkonstruktionen von zum Beispiel Parkettböden (Lagerholz). Im konstruktiven Holzbau dagegen dominieren die Nadelhölzer Fichte und Kiefer. Buche findet man hier bisher so gut wie nie.

„Bislang kommt für Schnittholz von Holzbaukomponenten 96 % Nadelholz zum Einsatz, der größte Teil davon stammt von der Fichte“, sagt Professor Dr.-Ing. Jürgen Graf, der im Fachbereich Architektur der TU Kaiserslautern zu Holzarchitektur und Holzwerkstoffen forscht. Das habe mehrere Gründe: „Fichte wächst einfach gerade und ist leicht zu verarbeiten“, fährt er fort. „Buchen wachsen hingegen mit wechselnden und schrägen Triebspitzen mehrseitig krummwüchsig und sind deshalb für die Verwendung als Bauholz forstwirtschaftlich kostspielig zu erziehen.“ Auch trockne das Holz der Buche schwerer und sei aufwändiger zu verarbeiten als Nadelholz.

Das Team um Graf forscht schon seit Längerem zum Buchenholz und sucht nach Wegen, das Laubholz dennoch für den konstruktiven Holzbau nutzbar zu machen. „Wir haben beispielsweise untersucht, ob der Holzkern eine hohe Tragfähigkeit besitzt, wenn wir ihn als Bretter schneiden; ähnlich wie die guten äußeren Teile für den Möbelbau“, erläutert Graf. „Dabei haben wir festgestellt, dass es sich sehr gut im Bauwesen nutzen lässt, beispielsweise im Steg von I-profilierten Trägern.“

Bei Buchenholz bestehe jedoch das Problem, dass es sich beim Trocknen stark verformt. Das ist unter anderem von Nachteil, wenn man mehre Hölzer per Keilzinkenverbindung zu längeren Konstruktionselementen verbinden möchte. Mit Fichtenholz ist es problemlos möglich, Endlosbretter für Träger großer Spannweite zu erzeugen. „Mit Buchenholz geht dies bisher im industriellen Maßstab nicht“, erläutert Professor Dr.-Ing. Jürgen Graf.

Keilgezinkte Buchenholzträger

Doch Grafs Team arbeitet daran. An der TU Kaiserslautern entwickelt es gerade ein Verfahren für keilgezinkte Träger und Stützen großer Längen, die gleichwohl aus Buchenholz niedriger Qualität hergestellt werden sollen. Genauer gesagt: aus Buchen-Brettschichtholz. Bei dem Projekt kooperieren die Forscher eng mit dem Laubholzsägewerk Pollmeier Massivholz aus dem thüringischen Creuzburg.

„Wir werden aus einzelnen Buchenholzbrettern zunächst einen Brettschichtholzträger kleben“, erläutert Professor Graf. Diese BSH-Elemente sind rund 3 m lang und im Gegensatz zum Einzelbrett formstabil. „Im Anschluss soll eine Mechanik zum Einsatz kommen, die solch große Träger zusammenschiebt, um sie über Universalkeilzinken miteinander zu verkleben“, führt der Bauingenieur weiter aus.

Im Rahmen des von der Carl-Zeiss-Stiftung geförderten Projekts „Standardisiertes Holzbauelement im Hallenbau – Ressourceneffizienz mit Buchenholz niedriger Qualität“ soll auf diese Weise ein Verfahren im industriellen Maßstab entwickelt werden, das Buchenholz-Träger und -Stützen von große Länge ermöglicht.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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