RM Rudolf Müller
WeGrow-Geschäftsführer Peter Diessenbacher auf der Kiri-Plantage in Ladenburg.  Alle Fotos: WeGrow GmbH

WeGrow-Geschäftsführer Peter Diessenbacher auf der Kiri-Plantage in Ladenburg.  Alle Fotos: WeGrow GmbH

Grundstoffe des Bauens
16. November 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Was ist Kiri-Holz?

In Asien ist der schnell wachsende Kiribaum schon seit Langem eine beliebte Nutzpflanze. Sein Stamm liefert ein leichtes Holz, das zwar nicht besonders tragfähig ist, aus dem sich aber vielfältige Holzwerkstoffe auch für den Bausektor herstellen lassen. In Deutschland gibt es seit zehn Jahren erste Nutzholz-Plantagen, die nachhaltige Kiribäume anbauen. Zum Einsatz kommen dabei auch Spezialzüchtungen, die mit dem hiesigen Klima besser zurechtkommen.

Das helle Kiri-Holz ist in Ländern wie China, Taiwan, Japan und Vietnam ein beliebtes Material zur Herstellung von Möbeln und Musikinstrumenten, aber zum Beispiel auch für Tischtennisplatten und Surfbretter sowie für den Wohnwagen- und Bootsbau. Weltweit gibt es derzeit acht anerkannte Kiribaumarten. Sie gehören zur botanischen Gattung der Paulownien.

Die Laubbäume mit den auffällig großen Blättern wachsen bis zu zehnmal schneller als Eichen, benötigen dafür aber auch viel Licht und Freiraum sowie Stickstoffdünger. Deshalb baut man sie traditionell nicht im Wald, sondern auf Plantagen an. Kiri gilt nach Balsa als das leichteste Holz überhaupt – manche sprechen vom „Aluminium der Hölzer“. Wegen seiner relativ geringen Rohdichte lässt sich das Material leicht bearbeiten und bietet zudem eine für Holz sehr gute Wärmedämmung (Wärmeleitfähigkeit: 0,09 W/mK).

Anwendungen im Bausektor

Dieser Prototyp für eine mobile Sauna wurde aus Kiri-Brettsperrholz gefertigt.

Dieser Prototyp für eine mobile Sauna wurde aus Kiri-Brettsperrholz gefertigt.

Die Rohdichte von luftgetrocknetem Kiri-Holz liegt je nach Sorte zwischen 250 und 360 kg/m³. Zum Vergleich: Beim weit verbreiteten Bauholz Fichte sind Werte um 450 kg/m³ normal. Kein Wunder, dass Kiri mittlerweile für manche Bereiche als Alternative zu Fichtenholz angeboten wird. Das gilt insbesondere dort, wo leichte Baukonstruktionen notwendig sind – zum Beispiel bei Dachaufstockungen, aber auch bei Tiny Houses.

Da Kiri relativ weich ist, eignet es sich allerdings nicht für tragende Gebäudepfeiler. Doch trotz dieser Schwäche gibt es für den Werkstoff durchaus auch Anwendungen im konstruktiven Holzbau, nur eben nicht in tragender Funktion, sondern als Beplankungsmaterial – etwa für Wände in Holzmassivbauweise. Aus Kiri lassen sich zum Beispiel Brettsperrholzplatten und andere leimgebundene Holzwerkstoffe herstellen. Brettsperrholz aus Kiri ist bei vergleichbarer Stabilität deutlich leichter als herkömmliches Sperrholz. Für Schraub- und Nagelverbindungen eignet sich der Werkstoff wegen seiner niedrigen Rohdichte dagegen weniger gut.

Im asiatischen Raum bereits weit verbreitet sind auch Fassadendielen, Dach- und Deckenkonstruktionen, Türen, Fensterrahmen, Furniere und Jalousien aus Kiri. Für Fußböden wird es dagegen wegen seiner geringen Oberflächenhärte kaum verwendet. Letzteres gilt allerdings nicht für Japan. Wie man auf der Website der Paulownia Baumschule Schröder aus Holm in Schleswig-Holstein erfährt, sind dort Kiri-Bodenbeläge keine Seltenheit. Möglich sei dies, weil traditionell gesinnte Japaner ihre Privathaushalte nur auf Strümpfen betreten und auf schwere Möbel verzichten. Da schließt sich gewissermaßen der Kreis: Möbel bestehen in Japan eben auch oft aus leichtem Kiri-Holz.

Pioniere in Deutschland

Kiri-Schnittholz vom Großhändler Kiritec.

Kiri-Schnittholz vom Großhändler Kiritec.

In Deutschland sind die Anbaubedingungen für die traditionellen Kiribaumarten aus Asien insgesamt eher schlecht. Nur in wenigen Landstrichen – am Bodensee, im Rheingraben, im Ruhrgebiet und in manchen Ostsee-Regionen – wachsen diese Pflanzen relativ gut. Allerdings auch dort nicht im Wald, sondern nur auf Plantagen. Ein solcher Anbau aber war hierzulande lange gar nicht möglich, weil Agrarholzplantagen in der EU bis 2009 verboten waren. Vorher duldete man den Kiribaum in Europa nur als exotisches Ziergewächs in Parks und Botanischen Gärten. Besonders beliebt war dabei der Blauglockenbaum – eine Kiribaumart mit besonders schöner Blüte und riesigen Blättern.

Mit der Aufhebung des Plantagenverbots eröffnete sich ein neuer Markt für den kommerziellen Anbau von Kiribäumen in Europa. Zu Pionieren in Deutschland wurden der Agraringenieur Peter Diessenbacher und die Volkswirtin Allin Beatrice Gasparian. Die Beiden gründeten bereits 2009 ihre Firma WeGrow GmbH – zunächst noch als Spin-Off des Forschungsbereiches Nachwachsender Rohstoffe an der Universität Bonn. Heute bewirtschaftet ihr Unternehmen mit Sitz im niederrheinischen Tönisvorst sieben Kiribaum-Plantagen in Deutschland (200 ha Gesamtfläche) sowie fünf weitere in Spanien (150 ha).

In Deutschland startete WeGrow im Jahr 2011 mit ersten Kiribaum-Plantagen. Erfolgsgarant war hier die Eigenzüchtung „Nord-Max 21“ – eine Kreuzung aus dem Blauglockenbaum und einer anderen Kiri-Baumart –, für die das Unternehmen 30 Jahre Sortenschutz genießt. Bei Nord-Max 21 handelt es sich um eine besonders frostharte Züchtung. Sie führt zu Bäumen, die sich gut für die Holzernte eignen, weil sie über sehr gerade und astreine Stämme verfügen.

Überzeugende Eigenschaften

WeGrow hat mittlerweile das Tochterunternehmen Kiritec gründet, das auf den Großhandel mit Kiri-Schnittholz spezialisiert ist. Nach Angaben des Händlers ist das Holz schwer entflammbar und entzündet sich erst bei Temperaturen über 400 °C. Kiefer beginnt dagegen schon bei 225 °C zu brennen, Eiche bei 260 °C. Die in Relation zum Gewicht zumindest relativ hohe Festigkeit des Holzes begründet Kiritec mit dessen „wabenförmigen Zellstruktur“.

Das Holz punktet zudem mit einem guten Feuchteverhalten: Es quillt und schwindet kaum, sondern bleibt auch bei wechselhaften Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen weitgehend formstabil. Großhändler Kiritec betont zudem, dass Kiri sich manuell und maschinell leicht verarbeiten lässt, nicht splittert, gut zu verleimen ist sowie Lasuren und Lacke leicht aufnimmt.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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