
Diese Tübinger Fassade wurde mit einem Aerogel-Dämmputz saniert. Foto: Hasit / Anne Faden
Was ist Aerogel-Dämmputz?
Aerogel-Dämmputz ist ein besonders leistungsfähiger Wärmedämmputz, der sowohl im Außenbereich an der Fassade als auch für Innendämmungen zum Einsatz kommt. Er enthält ein Granulat aus Silica-Aerogel, das um ein Vielfaches besser dämmt als herkömmliche Leichtzuschläge. Da er noch sehr teuer ist, verwendet man diesen Spezialputz allerdings meist nur für Sanierungsobjekte, bei denen herkömmliche Dämmplatten aus Denkmalschutz- und/oder Platzgründen nicht infrage kommen.
Als Wärmedämmputze bezeichnet man besonders leichte und poröse Unterputzmörtel mit einer Trockenrohdichte von weniger als 600 kg/m3. Damit ein so niedriger Wert überhaupt möglich ist, müssen die Hersteller dem Mörtel Leichtzuschläge hinzufügen. Meist kommen dabei EPS-Kügelchen zum Einsatz. Solche Wärmedämmputze mit EPS-Zuschlag haben in der Regel eine Wärmeleitfähigkeit um 0,07 W/mK.
Wärmedämmputze, die den Leichtzuschlag Aerogel enthalten, sind aber noch viel leistungsfähiger. Sie erreichen aktuell Wärmeleitfähigkeiten bis zu 0,027 W/mK. Damit übertreffen sie klassische Dämmstoffplatten. Aufgrund des extrem porösen Zuschlags sind sie besonders leicht. Ihre Trockenrohdichte liegt in der Regel weit unter 300 kg/m3.
Geringe Trockenrohdichte

Die Putzmörtel lassen sich manuell und maschinell verarbeiten. Foto: Heck Wall Systems
Unter der Trockenrohdichte versteht man das Gewicht des trockenen Putzes bezogen auf sein Volumen. Daher die Maßeinheit kg/m3. Man spricht auch vom „Raumgewicht“. Die Kennzahl bezeichnet nämlich die Masse des gesamten Materialvolumens, inklusive der Luftporen innerhalb des Stoffs.
Von diesen Luftporen gibt es in Aerogel jede Menge. Genauer gesagt besteht der hochporöse Festkörper zu mindestens 95 % aus Luftporen. Es ist dieser hohe Luftanteil, der – fest eingeschlossen in den unzähligen Poren des Granulats – für die hohe Wärmedämmleistung verantwortlich ist. Bei dem Granulat selbst handelt es sich in der Regel um getrocknetes Silica-Aerogel. Dieses wird aus Kieselsäureverbindungen hergestellt – also zum Beispiel aus Sand.
Aber warum heißt es Aerogel, wenn es sich doch um ein festes Granulat handelt? Das ist so, weil der Stoff ursprünglich tatsächlich ein Gel ist, bevor man ihm in einem aufwändigen Verfahren den flüssigen Anteil entzieht. Nach Angaben des Herstellers Heck Wall Systems wird das „so geschickt gemacht, dass das Gel gar keine Chance hat, wie im Normalfall, auszutrocknen und zu schrumpfen. Auf diese Weise wird im Gel die Flüssigkeit durch Luft ersetzt, ohne die netzartige Struktur zu verändern. Durch diesen Prozess wird aus dem Gel ein Aerogel“.
Dünnschichtige Dämmung

Den Putz Aero iP kann man im Neubau auch ohne Untergrundvorbereitung direkt auf das Mauerwerk auftragen. Grafik: Heck Wall Systems
Soll eine Gebäudehülle einen bestimmten Dämmstandard erreichen, so sind bei Verwendung von Aerogel-Dämmputz deutlich geringere Schichtstärken notwendig als bei „normalen“ Wärmedämmputzen oder klassischen Dämmstoffplatten. Die Wärmeleitfähigkeit des Aerogel-Granulats selbst liegt meist zwischen 0,012 und 0,016 W/mK. Zum Vergleich: Bei EPS-Platten beträgt der Wert im besten Fall 0,030 W/mK, bei Steinwolle sind es 0,035 W/mK. Da die Dämmputze nicht aus reinem Aerogel bestehen, ist ihre tatsächliche Wärmeschutzleistung natürlich geringer. Das hochdämmende Granulat ist schließlich nur ein Zusatzstoff, den man zur üblichen Putzrezeptur hinzufügt.
So enthält etwa der „Cerabran Aeroputz“ des Herstellers Proceram neben Aerogel vor allem Kalkhydrat und Weißzement sowie Perlit als weiteren Leichtzuschlag. Mit dieser Rezeptur kommt das Produkt auf eine Trockenrohdichte von nur 160 kg/m3 und erreicht bereits ab einer Schichtdicke von 2 cm eine Wärmeleitfähigkeit von 0,027 W/mK (Nennwert λD). Einen ähnlich guten Nennwert der Wärmeleitfähigkeit – nämlich 0,028 W/mK – bietet zum Beispiel das Produkt „Fixit 222“ von Hersteller Hasit. Auch die Rezeptur ist hier ähnlich: Kalk, Weißzement, mineralische Leichtzuschläge, Aerogel-Granulat. Die Trockenrohdichte beträgt 220 kg/m3.
Wie alle Wärmedämmputze werden auch Aerogel-Dämmputze als Unterputze eingesetzt. Sie sind also immer Teil eines mehrschichtigen Putzsystems. Üblich ist ein Vorspritzmörtel als unterste Schicht, danach der Aerogel-Dämmputz und dann noch mehrere Zusatzschichten. Zum System von Proceram etwa gehören noch ein mineralischer Untergrundstabilisator („Cerabran Spezial Fixativ“), ein Armierungsgewebe, ein haftvermittelnder Putzgrund („Cerabran Quarzgrund“), ein Oberputz sowie die abschließende Fassadenfarbe. Das erhöht natürlich die Gesamtschichtstärke, ändert aber nichts daran, dass Aerogel-Dämmputz viel Wärmedämmung bei relativ dünnen Schichten möglich macht.
Viel Leistung – hoher Preis
Neben ihrer hohen Dämmleistung haben Aerogel-Dämmputze auch noch andere Vorteile. Die in der Regel rein mineralischen Produkte sind üblicherweise nicht brennbar (Baustoffklasse A1), diffusionsoffen sowie kapillaraktiv und lassen sich sowohl manuell als auch maschinell leicht verarbeiten – und zwar nicht nur an Außen-, sondern auch an Innenwänden. Durch ihre Diffusionsoffenheit und Feuchteunempfindlichkeit kann man sie auch für Innendämmungen ohne Dampfbremse verwenden. Dabei tragen sie zur Regulierung der Raumluftfeuchtigkeit bei.
Der große Nachteil dieser hocheffektiven Wärmedämmputze ist allerdings, dass die Herstellung des entscheidenden Rohstoffs – das Silica-Aerogel – aufwändig und damit teuer ist. Aufgrund ihres hohen Preises sind Aerogel-Dämmputze in der Baupraxis bislang Nischenprodukte geblieben, die nur dort zum Einsatz kommen, wo herkömmliche Dämmstoffplatten unerwünscht und herkömmliche Wärmedämmputze nicht genügend Leistung bringen.
Am häufigsten ist der Einsatz bei sanierungsbedürftigen, denkmalgeschützten Gebäuden. Wo das Anbringen eines Wärmedämmverbund-Systems (WDVS) an der Fassade als „Tabubruch“ gilt, hat eben auch teurer Aerogelputz eine Chance. Das gilt ferner auch dort, wo Innendämmungen aus Platzgründen nur schlecht mit Plattenware ausgeführt werden können – also bei Räumen mit vielen Ecken, Nischen, Laibungen und/oder Rundbögen.
Alternativen vorhanden
Nicht alle Aerogel-haltigen Putze dämmen freilich so gut wie die genannten Produkte von Proceram und Hasit. So kommt zum Beispiel das mineralische Putzsystem „Aero iP“, das Heck Wall Systems in zwei Varianten für Fassaden und Innenwände anbietet, nur auf eine Wärmeleitfähigkeit von 0,040 W/mK (gemeint ist hier der Bemessungswert) – bei einer Trockenrohdichte von 250 kg/m3.
Dämmen kann man natürlich auch damit, im Zweifelsfall eben mit etwas dickeren Putzschichten. Wo dies möglich ist, sind Produkte wie Aero iP sicher ein guter Kompromiss, da sie deutlich preisgünstiger sind als die Hochleistungsprodukte unter den Aerogel-Dämmputzen. Im Vergleich zu klassischen Dämmstoffplatten ist der Platzbedarf im Übrigen nach wie vor gering. Mit Heck Aero iP im Innenraum lässt sich nach Herstellerangaben bereits ab einer Schichtdicke von 2 cm in den allermeisten Fällen zumindest der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 erreichen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
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