
Zweischaliges Mauerwerk mit Hintermauer aus porosierten Ziegeln, Kerndämmung und Klinkerfassade. Foto: Wienerberger / Jens Krüger
Aufbau von zweischaligem Mauerwerk
Häuser mit zweischaligem Mauerwerk sind besonders im „stürmischen“ Norddeutschland weit verbreitet. Kein Wunder: Schließlich bietet die zusätzliche Vormauer einen optimalen Schlagregenschutz für das dahintergelegene, tragende Mauerwerk. Weiterer Vorteil: Da die Hintermauer selbst nicht aus regensicheren Materialien bestehen muss, kann man sie problemlos aus poröseren Baustoffen mit hoher Wärmedämmung fertigen.
Der Aufbau eines zweischaligen Mauerwerks ähnelt in vielen Punkten der so genannten Vorgehängten Hinterlüfteten Fassade (VHF). Trotzdem handelt es sich hier um zwei unterschiedliche Bauweisen. Bei der VHF hängt man eher leichte Fassadenbekleidungen an eine gemauerte Außenwand – mithilfe einer Unterkonstruktion aus Wandhalterungen und Tragprofilen. Zweischaliges Mauerwerk besteht dagegen aus zwei „richtigen“ Wänden – eine relativ dünne, nicht tragende Vormauer und die tragende Hintermauer. Beide sind nur über Drahtanker miteinander verbunden.
Bei der VHF kann der Bauherr zudem aus einer Vielzahl an unterschiedlichsten Werkstoffen für die Fassadenbekleidung auswählen. Das Spektrum reicht von Keramik, Klinkerriemchen und Faserzement über Natursteinplatten und Glas bis hin zu Aluminium, Holz und HPL-Platten. Beim zweischaligen Mauerwerk ist die Materialvielfalt deutlich geringer. Oft besteht die Vormauer aus Ziegelbaustoffen, daneben kommen auch Kalksandsteine und Betonwerksteine zum Einsatz. Die Außenschale wird meist als Sichtmauerwerk ausgeführt, die Fassade also nicht verputzt.
Ausführungsvarianten

Variante mit Kalksandstein für Vor- und Hintermauer. Grafik: Bundesverband Kalksandstein
Die DIN EN 1996 („Eurocode 6“) unterscheidet grundsätzlich zwei Typen von zweischaligem Mauerwerk: ohne und mit Wärmedämmung im Schalenzwischenraum. Die Variante ganz ohne Dämmung kommt im heutigen Neubau nur noch zum Einsatz, wenn die Hintermauer selbst bereits einen hohen Wärmeschutz bietet. Das ist zum Beispiel der Fall beim Einsatz porosierter Ziegelsteine mit zusätzlicher Dämmstofffüllung. Besteht die tragende Hintermauerschale dagegen aus Kalksandstein oder Beton, ist eine Zusatzdämmung im Scheibenzwischenraum unerlässlich, da das Gebäude sonst nicht die energetischen Anforderungen der EnEV erfüllen würde.
Bei der zweischaligen Wand mit Wärmedämmung unterscheidet man noch zwei Untervarianten: Entweder wird der Zwischenraum komplett mit Dämmstoff gefüllt (so genannte Kerndämmung) oder es gibt eine Dämmschicht auf der Außenseite der Hintermauer und eine zusätzliche Luftschicht zwischen Dämmung und Vormauer.
Vor- und Hintermauer sind beim zweischaligen Mauerwerk durch Drahtanker aus nicht- rostendem Stahl verbunden. Das sichert die Standfestigkeit der dünnen Vormauer, die sonst bei starker Windbelastung umkippen könnte. Mindestens sieben Drahtanker pro Quadratmeter Wandfläche sind nach DIN EN 1996 vorgeschrieben. Für Gebäude, die an der Nord- oder Ostseeküste liegen (Windzone 4 nach DIN EN 1991) gelten etwas strengere Bestimmungen (8 oder sogar 9 Anker pro m2). Der Abstand der beiden Mauerschalen darf in jedem Fall maximal 20 cm betragen.
Mit oder ohne Luftschicht
Beim zweischaligen Mauerwerk mit nur teilweiser Dämmung ist zu beachten, dass die Luftschicht mindestens 4 cm dick sein muss. Die Luftschicht hatte traditionell die Funktion, Feuchtigkeit, die in den Zwischenraum gelangt, durch Luftzirkulation abzuführen beziehungsweise abzutrocknen. Das funktioniert nur, wenn sie nicht durch Mörtelreste aus dem Vormauerwerk oder durch andere Gegenstände eingeengt wird. Zudem empfiehlt es sich, in der Vormauer zusätzliche Lüftungsschlitze einzubauen. Dafür lässt man einfach einige Stoßfugen des Mauerwerks unvermörtelt – meist am Fuß und am oberen Ende der Wand.
Die Variante mit Kerndämmung hat sich nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie heute zur Regelkonstruktion
für zweischalige Wände entwickelt. Dabei wird auf eine breitere Luftschicht verzichtet. Gleichwohl lässt man zwischen Dämmstoff und Vormauer in der Regel noch einen kleinen Abstand von 1–2 cm. Wichtig ist, dass die verwendeten Dämmstoffe dauerhaft wasserabweisend sind. Diese Anforderung lässt sich etwa mit Hartschaumplatten oder mit hydrophobierten Mineralwolle-Produkten erfüllen.
Materialien für die Vormauer

Ziegelbaustoffe ermöglichen eine optisch vielfältige Fassadengestaltung. Foto: Lebensraum Ziegel / Rolf Otzipka Fotografie
Die Vormauer hat die Aufgabe, das Hintermauerwerk vor der äußeren Witterung zu schützen. Sie sollte daher aus dichten, frostbeständigen Materialien bestehen. Vormauerschalen errichtet man in der Regel in einer Stärke von 11,5 cm, die Mindestdicke beträgt 9 cm. Wie schon erwähnt wird die Außenschale überwiegend aus Ziegelbaustoffen wie zum Beispiel Klinkern erstellt. Als Alternative eignen sich aber auch Kalksandsteine und Betonsteine.
Für Ziegel spricht nicht zuletzt die große Farb- und Designvielfalt der am Markt erhältlichen Produkte. Kalksandsteine sind eben immer weiß, bei Ziegeln gibt es dagegen eine sehr breite optische Palette. Das Spektrum reicht von strahlendem Weiß über leuchtendes Orange, Rubinrot, Umbra und Graphitgrau bis hin zu samtigem Schwarz. Dieser optische Aspekt spielt bei der Baustoffauswahl durchaus eine große Rolle, da die Außenschale beim zweischaligen Mauerwerk ja zumeist als Sichtmauerwerk ausgeführt wird. „Vormauerziegel haben eine unbegrenzte Lebensdauer, sind dauerhaft farbecht, wartungsfrei und wertbeständig“, fasst Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Ziegelindustrie, die Vorteile des Baustoffs zusammen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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