RM Rudolf Müller
Die Lehmklima-Module sind einfach zu montieren – auch nachträglich. Foto: argillatherm.de

Die Lehmklima-Module sind einfach zu montieren – auch nachträglich. Foto: argillatherm.de

Haustechnik
14. Februar 2019 | Artikel teilen Artikel teilen

Wie funktionieren Lehmheizungen?

Als Lehmheizungen bezeichnet man Flächenheizungen für Wand oder Decke, bei denen die Heizrohre von Lehmbaustoffen umhüllt sind. Der Naturbaustoff sorgt dafür, dass eine sanfte Strahlungswärme großflächig an den Innenraum abgegeben wird. Lehmheizungen lassen sich in zwei große Kategorien unterscheiden: Trockenbaulösungen mit Lehmplatten und nass ausgeführte Systeme mit Lehmputz.

Die Rohre von Flächenheizungen für Decken oder Wände werden oft werkseitig in speziell dafür vorgefertigte Trockenbauplatten eingelegt. Das erleichtert die Montage, da sich die Bauteile mitsamt Heizelementen leicht an Decke und Wand befestigen lassen und danach keine Trocknungszeiten anfallen. Anschließend kann man die Oberflächen einfach verputzen. Auch eine Beschichtung mit wärmeleitenden Materialien wie Fliesen oder Naturstein ist problemlos möglich. Die Trockenbau-Elemente bestehen oft aus Gipskartonplatten oder Gipsfaserplatten, mittlerweile werden sie aber auch häufig aus Lehm gefertigt.

Wohngesunder Baustoff

Was macht den Baustoff Lehm interessant für den Bau von Niedertemperatur-Flächenheizungen? Ganz einfach: Der Naturbaustoff beeinflusst das Innenraumklima positiv und steht damit für Wohngesundheit. Er nimmt überschüssigen Wasserdampf aus der Raumluft vorübergehend auf und gibt ihn bei Bedarf zeitversetzt wieder ab, ohne dass das Material dadurch Schaden nimmt beziehungsweise schimmelt. Er eignet sich gut als Wärmespeicher und schützt daher im Sommer vor der Überhitzug von Räumen. Nach Angaben der Lehm-Experten von Argilla Therm neutralisieren Trockenbau-Elemente aus Lehm sogar Luftschadstoffe (VOC) und absorbieren Gerüche.

Patentierte Lehm-Systembauplatten

Lehm steht für Natürlichkeit und ein angenehmes Raumklima. Foto: argillatherm.de

Lehm steht für Natürlichkeit und ein angenehmes Raumklima. Foto: argillatherm.de

Das 2015 gegründete Startup-Unternehmen Argilla Therm gehört in Deutschland zu den Anbietern moderner Lehm-Decken- und Wandheizungen. Der Anbieter entwickelt in Kooperation mit der Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar (MFPA) Heizungs- und Klimasysteme auf Basis des Baustoffes Lehm.

Bei den „Lehmklima“-Produkten des Herstellers (siehe Fotos) handelt es sich um modulare Trockenbau-Elemente, die man einfach und flexibel an Decken und Wänden befestigen kann und mit denen sich wohngesunde und kostensparende Niedertemperatur-Flächenheizungen realisieren lassen. Das System eignet sich auch für die nachträgliche Montage in Bestandsgebäuden und kann sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen verwendet werden. Bei der Kühlung lässt man statt warmem einfach Kaltwasser durch die Rohre zirkulieren.

Herzstück des Systems sind die patentierten Lehm-Systembauplatten, die das Unternehmen in einem speziellen Flächenpressverfahren herstellt. So entstehen Trockenbauplatten aus hochverdichtetem Lehm. Die besondere Herstellungsweise garantiert nach Angaben von Argilla Therm vergleichbare Maßgenauigkeiten und Festigkeiten wie bei Gipskartonplatten – bei zugleich deutlich höheren Biege-/Zug-Werten.

Die Flächenpressung des Lehms ist Voraussetzung dafür, dass der Hersteller auf der Rückseite des Materials bereits werkseitig einen Holzwerkstoffträger als Montagehilfe einpressen kann. Außerdem ermöglicht sie das Einprägen einer Rillenstruktur auf der Vorderseite der Elemente. Diese dient zum Einlegen der wasserführenden Kunststoffrohre. Alternativ kann man auch elektrische Heizkabel verwenden. Bis auf das Heizmedium besteht das gesamte System komplett aus Lehm (Trockenbauplatten, Wärmeleitputz, Abschlussputz).

Sanfte Wärme und Kühlung

Wie alle Niedertemperatur-Flächenheizungen hat auch die Variante mit Lehm-Trockenbau-Elementen den Vorteil, dass die flächig verlegten Heizspiralen eine sanfte Wärmestrahlung ermöglichen, die der Mensch als sehr angenehm empfindet. Deckenheizungen punkten hier am meisten, da sie in der Regel besonders großflächig Wärme abstrahlen. Abgesehen von vereinzelten Leuchten gibt es an der Decke ja meist kein Mobiliar, das den Wärmestrahlen im Wege stehen könnte. Argilla Therm empfiehlt daher die Decke als idealen Platz für seine „Lehmklima“-Heizung/Kühlung. Aber auch die Wandmontage sei eine „gute Alternative“, wenn die Decke aus bautechnischen Gründen nicht zur Verfügung stehe.

Die Variante als Klimadecke hat zudem Vorteile beim Einsatz als Kühlung. „Im Gegensatz zu herkömmlichen Klimageräten kühlt das Lehmklima-System nicht die Luft, sondern nimmt einfach die Wärme des Raumes auf und führt sie ab“, erläutert Axel Lange von Argilla Therm. „Das wird als sehr angenehme Kühlung empfunden“. Im Vergleich zu herkömmlichen Klimaanlagen entfällt der unangenehme Luftzug. Die Klimadecke sorgt eben nicht nur für safte Strahlungswärme, sondern auch für eine sanfte Kühlung. Das hat zudem den positiven Effekt, dass im Innenraum nicht ständig Staub ausgewirbelt wird  – und mit ihm gesundheitsbedenkliche Milben, Bakterien oder Viren.

Verlegung im Nasssystem

Alternativ zur Trockenbauweise lassen sich Lehmheizungen natürlich auch nass ausführen. Vor allem bei Wandheizungen kommt das häufig vor. Dafür montiert man zunächst die Heizschlaufen an die Wand und verputzt diese anschließend mit Lehmmörtel. In der Regel trägt man zunächst einen Unterputz und dann einen abschließenden Oberputz auf.

Als Untergrund für die Heizrohre verwendet man oft Holzschalungen, da eine Flächenheizung relativ dicke Lehmputzschichten erfordert und diese auf Holz gut haften. Angenehmer Nebeneffekt: Der Lehm entzieht dem Holz Feuchtigkeit und konserviert das Material dadurch dauerhaft. Das ist ein Grund dafür, warum alte Fachwerkhäuser in Holz-Lehmbauweise so lange halten. Um einen noch griffigeren Putzträger zu schaffen, werden auf der Holzschalung häufig noch dünne Schilfohrmatten verlegt.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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