
Das Verputzen der Strohballen schützt vor Feuchtigkeit und Brandgefahr.
Außenwände mit Strohdämmung
Im Beitrag „Was sind Strohbauplatten?“ haben wir bereits Trockenbauplatten aus kartonummanteltem Stroh vorgestellt – eine Alternative zu herkömmlichen Gipskartonplatten. Doch Strohbaustoffe sind nicht nur auf den Innenausbau beschränkt. Man findet sie auch im Außenwandbereich. Strohballen eignen sich als ausfachender Dämmstoff für Wände in Holzständerbauweise. Und neuerdings gibt es sogar WDVS-Dämmplatten aus Stroh.
Für den Strohballenbau verwendet man quaderförmige Ballen aus gepresstem Getreidestroh. Die Rohdichte im eingebauten Zustand beträgt nach Zulassung zwischen 85 und 115 kg/m³. Das Material ist ein jährlich nachwachsender Rohstoff, der als Nebenprodukt aus der Landwirtschaft stammt. Die Strohballen werden zur Ausfachung von wandbildenden Holzständerwerken verwendet. Auf diese Weise lassen sich auch tragende Außenwände konstruieren.
Bauaufsichtlich zugelassen
Baustrohballen sind unter dem Produktnamen „Baustroh“ seit 2006 als Wärmedämmstoff durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) im Bereich von Wänden und Decken sowie im Dach zugelassen. 2017 mündete diese Zulassung in eine Europäisch Technische Bewertung (ETA-17/0247). Die bauaufsichtliche Anerkennung bezieht sich auf die Verwendung als Ausfachung in einer Holzkonstruktion. Die Strohballen selbst dürfen also nicht druckbelastet werden.
Grundsätzlich gibt es auch die Möglichkeit des lastabtragenden Einsatzes von Baustrohballen. Dabei wirken Druckkräfte auch direkt auf die Ballen – zum Beispiel das Gewicht des Daches. Diese Bauweise ist in Deutschland aber bisher nicht durch die Zulassung abgedeckt und bedarf einer Zustimmung/Genehmigung im Einzelfall.
Beim zugelassenen nicht-lasttragenden Strohballenbau dienen die Ballen als Wärmedämmung, ausfachender Baustoff und Putzträger. Sie übernehmen aber keine statischen Funktionen. Das ist die Aufgabe des Holzständerwerks. Obwohl grundsätzlich erlaubt und zugelassen, sind Außenwände mit Strohballendämmung in Deutschland aber noch nicht besonders verbreitet. Der Fachverband Strohballenbau Deutschland e. V. (FASBA) schätzt, dass es hierzulande bisher nur etwa 300 strohgedämmte Gebäude gibt.
Feuchteschutz wichtig

Bei diesem vorgefertigten Wandelement wird die erste Kalkputzlage schon im Werk aufgetragen.
Die Strohballen so einzubauen, dass ihre Halme senkrecht zum Wärmestrom ausgerichtet sind – also quer zur Dickenrichtung der Wand. Die Ballen müssen zudem gemäß Zulassung einen Nennwert der Wärmeleitfähigkeit von 0,048 W/(mK) erreichen. Dieser Wert wird für bauphysikalische Berechnungen wie den Wärmeschutznachweis eines Gebäudes nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) benötigt.
Gemäß der Zulassung müssen die Strohballen auch unbedingt trocken eingebaut werden. Der Feuchtegehalt des Wärmedämmstoffs darf maximal 18 Masse-Prozent betragen.
Auch nach dem Einbau in die Holzständerwand darf das Stroh nicht nass werden, weil sonst Schimmelpilzbefall droht. Für den Feuchteschutz sorgt letztlich die äußere Beschichtung der Wandflächen. Die Strohoberflächen werden entweder verputzt oder man verkleidet sie mit Platten oder Brettern. Auch Dampfbremsen und Winddichtbahnen können zum Einsatz kommen.
Strohgedämmte Außenwände müssen auf jeden Fall luft- und winddicht ausgeführt sowie ausreichend diffusionsoffen sein. Darauf verweist der Fachverband Strohballenbau in seiner Strohbaurichtlinie. Für den Schutz vor äußeren Witterungseinflüssen sieht die Richtlinie entweder hinterlüftete Fassadenverkleidungen vor oder den Auftrag eines Kalkputzes mit diffusionsoffenem, aber wasserabweisendem Anstrich. Der Fachverband empfiehlt darüber hinaus ausreichend dimensionierte Dachüberstände als zusätzlichen Witterungsschutz. Im Sockelbereich ist die Außenwand gegenüber aufsteigender Feuchte abzudichten.
Brandverhalten

Die neuen WDVS-Strohdämmplatten kommen ohne künstliche Bindemittel aus. Foto: Maxit
Loses Stroh brennt wie Zunder, gepresste Ballen sind dagegen schon deutlich schwerer entflammbar. Ab der Mindest-Rohdichte von 85 kg/m³ gelten sie als normal entflammbar (Brandverhalten nach EN 13501-1:2077+A1:2009 : E) und dürfen somit im Gebäudebereich zum Einsatz kommen.
Laut Strohbaurichtlinie kann eine tragende strohgedämmte Holzständerwand in die Feuerwiderstandsklasse F 30 („feuerhemmend“) eingeordnet werden, wenn die Strohballen beidseitig mit einer mindestens 8 mm starken Lehm-Schicht verputzt sind und die Konstruktion auch sonst alle Anforderungen der Europäisch Technischen Bewertung ETA-17/0247 erfüllt. Eine solche Wand hat dann eine Feuerwiderstandsdauer von mindestens 30 Minuten bei einseitiger Brandbeanspruchung. Dasselbe Brandschutzniveau lässt sich auf der Raumseite der Außenwand grundsätzlich auch durch eine Beplankung mit Gipskarton oder Gipsfaserplatten erreichen.
Wände aus Holzständern mit Strohballendämmung können sogar die Feuerwiderstandsklasse F90 erreichen („feuerbeständig“), wenn man sie beidseitig mit Kalkputz beschichtet. Das hat sich der Fachverband Strohballenbau Ende 2014 durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis der Materialprüfungsanstalt Braunschweig bestätigen lassen.
WDVS-Dämmplatten aus Stroh
Als Nebenerzeugnis der Landwirtschaft ist Stroh eine nachhaltige und schadstofffreie Ressource, aus der sich ganz ohne Chemiezusatz Dämmstoffe mit ordentlicher Wärmeschutzleistung erstellen lassen. Das hat auch der fränkische Baustoffhersteller Maxit erkannt und präsentierte auf der Messe BAU 2019 in München eine Strohdämmplatte für WDVS-Fassaden in der Wärmeleitgruppe 048 (Foto oben).
Das Besondere an den Platten: Sie enthalten keine künstlichen Bindemittel. „Nach Jahren der Forschung konnten wir einen Protein-Klebstoff entwickeln, der vollständig biologisch und dennoch leistungsstark ist“, erklärt Maxit-Entwicklungschef Friedbert Scharfe. Dadurch sind die Platten vollständig kompostierbar und absolut wohngesund. „Wir pressen Stroh und ökologisches Bindemittel unter Wärmezufuhr und trocknen die Platten danach bei Umgebungsluft“, erläutert Scharfe. „So wird ab dem Zeitpunkt des Stroh-Dreschens bis zur fertigen Dämmplatte nur ein Bruchteil vom Energiebedarf anderer natürlicher Dämmstoffe benötigt.“
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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