RM Rudolf Müller
Diese Natursteinfassade ist Teil eines Steinwolle-WDVS.  Alle Fotos: Heck Wall Systems

Diese Natursteinfassade ist Teil eines Steinwolle-WDVS.  Alle Fotos: Heck Wall Systems

Fassade und Massivbau
21. April 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Naturstein auf WDVS

Gebäudefassaden mit Wärmedämm-Verbundsystem bestehen meist aus Dämmstoff, Armierungsschicht (Unterputz mit Armierungsgewebe) und Oberputz. Ihre Oberfläche ist also meist verputzt. Doch auch Natursteinoptiken sind möglich – und zwar mithilfe flacher Verblendersteine, die man mit dünnschichtigem Mörtel auf die Armierungsschicht klebt. Solche Riemchen sehen nicht nur edler aus als normaler Putz, sondern machen die Fassade auch besonders robust und witterungsbeständig.

Als Riemchen bezeichnet man im Allgemeinen dünne Platten, die sich mit Mörtel im Buttering-Floating-Verfahren auch auf Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) kleben lassen. Es gibt diese Flachverblender, die meist zwischen 1 cm und 2,5 cm dick sind, nicht nur aus Naturstein, sondern in vielen Materialvarianten. Ausführliche Infos dazu bietet der BaustoffWissen-Beitrag „Was sind Riemchen?“.

Teil eines Komplettsystems

Die Platten werden mit Mörtel (hell) auf der Armierungsschicht (dunkel) verklebt.

Die Platten werden mit Mörtel (hell) auf der Armierungsschicht (dunkel) verklebt.

Ganz wichtig: Naturstein-Riemchen auf WDVS sind stets integraler Bestandteil des jeweiligen Systems. In Deutschland dürfen nur solche WDVS zum Einsatz kommen, für die der Systemanbieter eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) oder eine europäische technische Bewertung besitzt. Daraus folgt unter anderem, dass Verarbeiter nicht einfach x-beliebige Riemchen zur Gestaltung der Deckschicht verwenden dürfen.

Erlaubt sind stattdessen nur solche Natursteinprodukte, die den Parametern der Systemzulassung entsprechen. Vorgegeben werden hier sowohl die für die Anwendung erlaubten Materialgruppen als auch Kennzahlen wie zum Beispiel die maximale Riemchengröße beziehungsweise Plattenstärke oder auch die maximal erlaubte Wasseraufnahme des Materials. Bei manchen Anbietern gehören passende Natursteinplatten von vorneherein mit zum Systemangebot.

Riemchen werden üblicherweise mit Fugenabstand verklebt – das gilt natürlich auch für Naturstein-Riemchen auf WDVS. Diese Fugen sind im Außenbereich mit einem frostbeständigen Fugenmörtel zu verfüllen. Die DIN 18515-1 („Außenwandbekleidungen – Grundsätze für Planung und Ausführung – Teil 1: Angemörtelte Fliesen oder Platten“) fordert außerdem zusätzliche Bewegungsfugen an der Fassadenoberfläche.

Für die WDVS-Beschichtung kommen heute unterschiedlichste Natursteinarten zum Einsatz. Das Spektrum reicht vom traditionellen Fassaden- und Dachmaterial Schiefer über Sandstein, Kalkstein und Granit bis hin zu Diorit und Gneis. Die vielfältigen optischen Möglichkeiten vergrößern sich noch durch unterschiedliche Oberflächenbehandlungen – zum Beispiel gebürstet, sandgestrahlt, geschliffen, satiniert oder gestockt.

Robust und unverwüstlich

Naturstein-Riemchen sehen nicht nur gut aus, sondern überzeugen auch durch ihre Langlebigkeit, Wartungsfreiheit und unverwüstliche Optik. Die Steine ermöglichen eine außerordentlich stoßfeste sowie witterungs- und frostbeständige Fassadenoberfläche. Spechtlöcher sind hier garantiert nicht zu erwarten! Aufgrund der Robustheit des Materials, sind die Natursteinplatten auch problemlos im Sockel- und Eingangsbereich des Hauses einsetzbar.

Eine Deckschicht aus Naturstein – oder auch aus Klinkersteinen – ist zudem weitaus resistenter gegen Algen- und Pilzbefall als herkömmliche WDVS mit Putzfassade. Die Steine kühlen nicht so schnell aus wie eine dünne Putzschicht, deshalb sammelt sich weniger Kondensfeuchtigkeit auf ihrer Oberfläche. Ohne einen solchen Feuchtigkeitsfilm ist eine starke Besiedlung durch Mikroorganismen wesentlich unwahrscheinlicher.

Natürlich ist Naturstein als Außenbeschichtung einer Dämmfassade deutlich schwerer als Putz. Ein Stein-WDVS erfordert folglich hohe Anforderungen an die Verklebung beziehungswiese Verdübelung von Platten und Dämmstoffen sowie an die Qualität der Armierungsschicht. Auch deshalb ist es wichtig, dass nur die Systemkomponenten zum Einsatz kommen, mit denen das jeweilige WDVS bauaufsichtlich zugelassen ist.

Neubau in Erlangener Altstadt

Die Natursteinfassade in Erlangens Fichtestraße besteht aus hellem Jurakalk.

Die Natursteinfassade in Erlangens Fichtestraße besteht aus hellem Jurakalk.

Wie schick Naturstein auf einem WDVS aussehen kann, zeigen die Bilder eines Wohnneubaus in der Altstadt von Erlangen, die diesen Beitrag illustrieren. Die 700 m2 große Fassadenoberfläche in der Fichtestraße 11 besteht aus hellbeigem Jurakalk, der in der Nähe des bayerischen Treuchtlingen abgebaut wurde – keine 100 Kilometer von Erlangen entfernt. Es handelt sich also um ein lokales Produkt, für dessen Einsatz nur kurze Transportwege notwendig waren. Der Naturstein passt zudem optisch gut zum überwiegend gründerzeitlich geprägten Gebäudebestand der Fichtestraße.

Zum Einsatz kamen Jurakalk-Natursteinplatten, deren Oberfläche bei der Herstellung mechanisch aufgeraut wurde. Dies geschah mithilfe eine Stockhammers, der viele kleine Zähne hat, weshalb man auch von einer gestockten Oberfläche spricht. In Erlangen wurden zudem Platten mit unterschiedlichen Längen und Dicken verwendet, wobei aus bautechnischen Gründen eine Maximallänge von 60 cm nicht überschritten werden durfte. Die Stärke der verwendeten Platten ist wie gesagt nicht einheitlich. Das bewirkt einen 3D-Effekt, der besonders in den Abendstunden zu reizvollen Lichtspielen auf der Fassadenoberfläche führt.

Der gewählte Naturstein bringt ein relativ hohes Eigengewicht mit sich. Mit einem Belagsgewicht von bis zu 60 kg pro Quadratmeter bewegt man sich beim Erlangener WDVS im Grenzbereich dessen, was mit verklebten Riemchen möglich ist.

WDV-System von Heck

Für die Fassade des Erlangener Neubaus kam das nichtbrennbare Wärmedämm-Verbundsystem „Heck Naturstein MW“ mit Steinwolle-Dämmstoff zum Einsatz. Auf die Dämmplatten folgt hier als Unterputz der mineralische Klebe- und Armierungsmörtel Heck K+A mit eingebettetem Armierungsgewebe. Darauf wurde der speziell für Klinker- und Natursteinplatten entwickelte mineralische Keramik-Klebemörtel Heck KLM CER aufgebracht, der sich nach Herstellerangaben durch besonders hohe Festigkeit und starke Klebekraft auszeichnet.

Natürlich wurden die Riemchen auch bei der Erlangener Fassade im Buttering-Floating-Verfahren verklebt. Der dünnschichtige Auftrag des Keramik-Klebemörtels erfolgte also auch auf der Rückseite der Natursteine. Die Verfugung der Steinfassade erfolgte im Spritzverfahren mit dem mineralischen Fugenmörtel Heck FM CER SPF. Der Steinfarbe entsprechend, fiel die Entscheidung auf eine helle Verfugung.

Das Naturstein-WDVS von Heck ist für Belagsgewichte bis zu 63 kg/m² und Belagsstärken von bis zu 2 cm ausgelegt. Zur Auswahl stehen drei verschiedene Natursteinvarianten – von hellbeige bis nahezu schwarz – mit unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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