
Freitragende Unterdecke unter einer Holzbalkendecke mit Dämmstoffeinschub. Grafik: Knauf
Schallschutz bei Holzbalkendecken
Alte Holzbalkendecken erfüllen in der Regel nicht die heutigen Anforderungen an den Schallschutz. Mit geeigneten Dämmmaßnahmen lassen sie sich aber „aufrüsten“. In der Sanierungspraxis kommen vor allem zwei Varianten zum Einsatz: Trittschalldämmungen von oben oder Unterdecken von unten. Natürlich lassen sich die Maßnahmen auch kombinieren.
Im Wohnbau waren Holzbalkendecken lange Zeit Standard. Erst in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie zunehmend von Stahlbetondecken verdrängt. In vielen Altbauten findet man sie aber auch heute noch. Im modernen Wohnungsbau wiederum zeichnet sich zumindest eine „halbe“ Renaissance ab: Nicht Decken ganz aus Holz, aber „hybride“ Holz-Beton-Verbunddecken sind durchaus wieder im Trend.
Doch warum haben reine Holzbalkendecken heute keine Chance mehr? Ein Hauptgrund ist die Schwierigkeit, mit ihnen einen ausreichenden Schallschutz nach DIN 4109 zu gewährleisten. Wobei man hier differenzieren muss: Vor allem im tiefen Frequenzbereich (< 500 Hz) ist die Schalldämmung schlecht. Bei hohen Frequenzen dagegen erreichen Holzbalkendecken nach Angaben des Trockenbauexperten Knauf sogar „extrem gute Werte“. Die tiefen Frequenzen umfassen aber eben auch Geräusche, die durch Schritte oder das Verrücken von Stühlen – also direkt auf der Decke – entstehen.
Lärmbelästigung bei Altdecken
Da Holzbalkendecken relativ leicht sind, geraten sie viel schneller in Eigenschwingungen als schwere Deckenplatten aus Stahlbeton. Bei einer nicht zusätzlich gedämmten Holzbalkendecke kommt es daher schnell zur unangenehmen Lärmbelästigung durch den Nachbarn von oben – nicht nur, wenn dieser seine Musikanlage mal lauter aufdreht, sondern auch schon, wenn er in seiner Wohnung nur auf und ab geht.
Das missfiel auch schon den Menschen in früheren Zeiten. Viele alte Holzbalkendecken verfügen daher zwischen den Balken über eine weitere, aus Brettern gezimmerte Bodenebene. Dieser so genannte Fehlboden – auch Einschub genannt – wurde von oben mit verschiedenen Materialien gefüllt, um das Gewicht der Decke zu erhöhen und damit ihre Schalldämmung zu verbessern. Zum Einsatz kamen dafür Sand und sonstige mineralische Schüttgüter, aber auch Materialien wie Strohlehm, Gips- und Tonformteile sowie später auch Hochofenschlacke.
Althergebrachte Praxis war es auch, die Decke von unten zu schließen, indem man direkt an den Holzbalken entsprechende Bekleidungen befestigte. Oft besteht die Unterseite von Altdecken aus verputzten Schilfrohrmatten. Diese ursprüngliche Form der Unterdecke sowie die Beschwerung der Gesamtkonstruktion durch das Füllmaterial verbesserten zwar den Lärmschutz alter Holzbalkendecken, aber für die modernen Schallschutzanforderungen sind diese Maßnahmen in der Regel nicht ausreichend. Die alten Konstruktionen verfügen einfach über zu viele „Schallbrücken“ und nicht entkoppelte Kontaktstellen zwischen den verschiedenen Schichten des Boden- und Deckenaufbaus.
Hohlraumsanierung
Soll eine alte Holzbalkendecke schallschutztechnisch saniert werden, stellt sich unter anderem die Frage, was bei einem vorhandenem Fehlboden mit der Hohlraumfüllung geschehen soll. Viele Experten empfehlen ausdrücklich, vorhandene Schüttgüter, Schlacken oder sonstige Beschwerungsmaterialien nicht zu entfernen. Hintergrund: Die vorhandenen Einschubmaterialien sorgen mit ihrer Masse gerade bei tieferen Frequenzen für Schallschutzverbesserungen, die in der Regel höher ausfallen als bei modernen Faserdämmstoffen.
Solange die Füllstoffe noch ihre Funktion erfüllen, sollte man sie also einfach in der Decke belassen. Nur eventuelle Hohlräume zwischen der vorhandenen Füllung und der Deckenoberkante können mit zusätzlichen Dämmstoffen ausgefüllt werden. Dafür eignen sich sowohl Dämmplatten – zum Beispiel Mineralwolle oder Holzfaser – als auch Einblasdämmungen aus Materialien wie Zellulose, losen Holzfasern oder Mineralwollflocken. Auch Schüttgüter kommen für die Auffüllung infrage. Hier setzt man heute überwiegend auf leichtere Materialien wie Blähglas-Granulat oder loses Perlite-Granulat.
Trittschalldämmungen

Die „Schwere Schüttung“ sorgt für mehr Gewicht auf der Decke – oder auch im Hohlraum. Foto: Knauf
Eine erhebliche Verbesserung des Schallschutzes von Holzbalkendecken lässt sich durch Maßnahmen auf der Deckenoberseite erreichen. Stichwort: Trittschalldämmungen unter den Bodenbelägen. Vor allem bei Hartböden wie Parkett oder Laminat sorgen diese elastischen, weichgepolsterten Unterlagen dafür, dass Trittschallgeräusche nicht eins zu eins beim Nachbarn ankommen. Neben Dämmunterlagen aus Kunststoff-Hartschaum oder natürlichen Materialien wie Kork und Holzfaser verwendet man auch hier häufig Schüttungen.
Echte „Schallschlucker“ sind zudem schwimmende Estriche. Bei diesen wird der Estrichmörtel auf einer druckfesten Dämmstoffschicht eingebaut, die nicht mit dem Untergrund verklebt ist. Die Mörtelplatte – alternativ auch der Trockenestrich – „schwimmt“ auf einer Kunststofffolie, und darunter befindet sich die ein- oder zweilagige Dämmstoffschicht.
Unter einem solchen schwimmenden Estrich kann man auch noch zusätzlich eine Schicht aus losen Schüttgütern einbauen – zum Beispiel die „Schwere Schüttung“ von Knauf, die aus Naturanhydrid (Gips ohne Kristallwasser) mit Korngrößen von 0,5 bis 4 mm besteht. Das Produkt sorgt – in diesem Fall von oben – für eine Beschwerung der Holzbalkendecke. Gleichzeitig lassen sich damit auch Unebenheiten beziehungsweise Installationsleitungen auf der Deckenoberseite ausgleichen.
Bei der angesprochenen Knauf-Schüttung sieht der Standardaufbau von Boden/Decke (von oben nach unten) folgendermaßen aus: Bodenoberbelag, Estrich, Trennlage, Trittschalldämmung, eventuell Abdeckplatte, Schwere Schüttung, Rieselschutz, Dielen der Holzbalkendecke, Holzbalken. Bei geeignetem Fehlboden lässt sich die Schüttung übrigens auch als Füllmittel für den Decken-Hohlraum nutzen.
Schallentkoppelte Unterdecken

Schallentkoppelte Unterdecke mit Metallprofil-Abhängung. Grafik: Knauf
Trittschalldämmungen, schwimmende Estriche und schwere Schüttungen auf der Oberseite der Holzbalkendecke verbessern die Schalldämmung schon deutlich. Ein ausreichender Tritt- und Luftschallschutz setzt aber meist voraus, dass unterhalb der Decke zusätzliche Maßnahmen erfolgen. Nach Angaben von Knauf sind unterseitig sichtbare Balken „in schallschutztechnischer Sicht äußerst problematisch“. Eine zusätzliche Bekleidung unter den Balken ist daher dringend zu empfehlen.
In Altbauten wurden die Decken oft von unten mit Holzbrettern verkleidet, die man mit starren Verbindungen direkt an den Balken befestigte. Das ist schallschutztechnisch natürlich nicht ideal. Wesentlich effektiver sind schallentkoppelte, federnd abgehängte Unterdecken – am besten noch mit zusätzlicher Dämmstoff-Auflage im Hohlraum. Diese machen natürlich nur Sinn, wenn die Raumhöhe nicht zu gering ist.
Solche Unterdecken werden heute in der Regel mithilfe einer Unterkonstruktion aus Metallprofilen konstruiert, die man mit schallschutztechnisch optimierten Gipskartonplatten beplankt. Eine doppelte Beplankung und damit eine höhere Masse verbessert den Schallschutz noch weiter. Noch wirkungsvoller sind allerdings freitragende Trockenbaudecken. Bei dieser Bauweise sind Alt- und Sanierungsdecke komplett entkoppelt, es existiert keine Metallprofil-Abhängung zwischen Holzbalken und Unterdecke. Die Gipsplatten sind zwar an einer Metallunterkonstruktion befestigt, diese wird jedoch nur mit den angrenzenden Raumwänden verbunden.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
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