RM Rudolf Müller
Mit einem Marktanteil von 30 % sind Ziegel Marktführer im Wohnungsneubau.  Foto: Schlagmann Poroton

Mit einem Marktanteil von 30 % sind Ziegel Marktführer im Wohnungsneubau.  Foto: Schlagmann Poroton

Fassade und Massivbau
19. November 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Rangliste der Wandbaustoffe

Welche Wandbaustoffe bevorzugen die Deutschen? Um dies genauer zu ermitteln, hat Bau-Info-Consult die 2019 fertiggestellten Wohnneubauten bezüglich der dabei überwiegend verwendeten Baustoffe untersucht. Die Analyse zeigt, dass der Ziegel beim Hausbau hierzulande weiterhin deutlich in Front liegt, gefolgt von Porenbeton. Aber Holz holt auf und liegt mittlerweile schon auf Platz drei.

Die Ergebnisse stammen aus der im September 2020 erschienenen Studie „Jahresanalyse Deutschland 2020/2021: Bauwirtschaft – Kennzahlen und Perspektiven“ von Bau-Info-Consult – dem Düsseldorfer Marktdatenspezialist für die Bau- und Installationsbranche. Die Analyse der verfügbaren Daten zeigt einerseits, dass es in Deutschland keine „Monokultur-Bauweise“ gibt, sondern verschiedene Wandbaustoffe zum gängigen Bau-Kanon gehören. Zugleich gibt es hierzulande aber eine eindeutige Top Four: Ziegel, Porenbeton, Holz und Kalksandstein.

Pole-Position für Ziegel

Seit Jahren führend im deutschen Wohnungsbau ist das Ziegelmauerwerk. So wurde auch 2019 knapp ein Drittel aller fertiggestellten Neubauwohngebäude (30 %) mithilfe der roten Mauersteine errichtet. Der Erfolg erklärt sich durch die Vorteile des Baustoffs. In der „Jahresanalyse“ nennt Bau-Info-Consult vor allem folgende Verkaufsargumente: hohe Verfügbarkeit und Druckfestigkeit, gute wärme- und schalldämmende Eigenschaften, gutes Brandverhalten sowie eine lange Lebensdauer.

Das gute Wärmedämmverhalten hängt damit zusammen, dass man seit den 1970er-Jahren bei der Herstellung von Hintermauerwerk auf porosierte Lochziegel setzt. Um die Jahrtausendwende kamen dann porosierte Ziegel mit Dämmstofffüllungen auf den Markt. In die Löcher steckte man nun also Dämmmaterialien, was insbesondere Schallschutz und Druckfestigkeit der Produkte verbesserte. Dichte, nicht poröse Ziegelsteine kommen dagegen als Wohnungsbau-Wandbildner heute nur noch in Form von Klinkern oder Klinkerriemchen für die äußere Fassadenbeschichtung zum Einsatz (Verblender).

Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie ermöglichen dämmstoffgefüllte Ziegel monolithische Wandkonstruktionen bis zu neun Geschossen ohne zusätzliche Außendämmung. Das macht die Baustoffe auch für den mehrgeschossigen Wohnungsbau so interessant.

„Vize“-Position für Porenbeton

Nummer zwei im Markt: Mehrfamilienhausbau mit großformatigen Porenbetonsteinen. Foto: Xella Deutschland GmbH

Nummer zwei im Markt: Mehrfamilienhausbau mit großformatigen Porenbetonsteinen. Foto: Xella Deutschland GmbH

Mit einem Marktanteil von 22 % war Porenbeton 2019 der am zweithäufigsten verwendete Wandbaustoff im deutschen Wohnungsbau und konnte damit seine Position als „Vize“ behaupten. Der aus Sand, gebranntem Kalk und Wasser hergestellte weiße Wandbildner ist seinem Namen entsprechend extrem porenreich und bietet daher eine sehr gute Wärmedämmung. Einzelne Produkte kommen mittlerweile auf eine Wärmeleitfähigkeit von nur noch 0,06 W/(mK). Bei entsprechender Wanddicke sind damit auch Passivhaus-Außenwände ohne Zusatzdämmung realisierbar.

Ursache für die gute Wärmedämmung ist der extrem hohe Porenanteil von etwa 80 % des Steinvolumens. Man kann also mit Fug und Recht sagen, dass das Material größtenteils aus Luft besteht. Die planebenen, dampfdiffusionsoffenen und nicht brennbaren Steine sind daher echte Leichtgewichte und entsprechend einfach zu verarbeiten. Trotz der Porosität ist der Baustoff zudem druckfest genug, um auch für mehrgeschossige Gebäude zum Einsatz zu kommen.

Angeboten werden allerdings nur Vollsteine ohne Lochung. Dadurch erfolgt die Lastabtragung über die volle Steinfläche. Insgesamt sind verallgemeinernde Aussagen zur Belastbarkeit schwierig, weil die Hersteller ein breites Porenbetonsortiment mit unterschiedlichen Rohdichten für verschiedene Bauzwecke anbieten. Aber natürlich ist Porenbetonmauerwerk nicht so belastbar wie etwa Kalksandstein.

Überraschenderweise schneidet der Werkstoff selbst beim Thema Schallschutz noch relativ gut ab. Nach Angaben des Bundesverbandes Porenbeton werden die Mindestanforderungen an den Schallschutz bei Einfamilienhäusern sowie Doppel- und Reihenhäusern problemlos erfüllt. Auf seiner Website verweist der Verband in diesem Zusammenhang auf die „durch die Porenstruktur bedingte innere Materialdämpfung“.

Holz und Kalksandstein gleichauf

Auch hierzulande im Trend: In Berlin-Adlershof entstanden drei Wohnhäuser in Holz-Hybridbauweise. Foto: Brüninghoff

Auch hierzulande im Trend: In Berlin-Adlershof entstanden drei Wohnhäuser in Holz-Hybridbauweise. Foto: Brüninghoff

Den dritten Platz bei den Wandbaustoffen für Wohnbauten belegt nach der Jahresanalyse von Bau-Info-Consult mittlerweile Holz mit einem Marktanteil von 18 % – wenn auch nur hauchdünn vor Kalksandstein (17 %). Im Prinzip liegen beide Wandbildner gleichauf. Das wiederum hängt allerdings vor allem mit der zunehmenden Akzeptanz der ökologisch nachhaltigen Holzbauweisen zusammen. Selbstverständlich ist die gute Platzierung keinesfalls. Während zum Beispiel die US-Amerikaner bei ihren Häusern schon immer massenhaft auf Holz vertrauten, baut man in Deutschland nun mal traditionell auf Stein.

Moderne Varianten des Holzrahmen- und Holzmassivbaus haben aber dazu geführt, dass sich auch deutsche Architekten immer häufiger für den Holzbau begeistern. Hinzu kommt, dass mittlerweile auch Holz-Hochhäuser technisch möglich und zunehmend realisiert werden – wenngleich auch meist in Form von Holzhybridbauten, bei denen zwar die Außenwände aus Holz sind, das zentrale Treppenhaus, die Gebäudedecken und Innenwände aber häufig aus (Stahl-)Beton bestehen. Für die nächsten zwei Jahre erwartet Bau-Info-Consult einen weiteren Aufwärtstrend von Holz als Wandbaustoff.

Trotzdem ist der in der Jahresanalyse genannte Marktanteil von 18 % differenziert zu betrachten. Der Bund Deutscher Zimmermeister („Holzbau Deutschland“) hatte für das Jahr 2018 bei Ein- und Zweifamilienhäusern sogar eine Holzbauquote von 20,3 % errechnet. Bei den Mehrfamilienhäusern ergab sich dagegen ein völlig anderes Bild. Hier lag die Holzbauquote 2018 nämlich nur bei 3,2 % (2017: 3,7 %).

Kalksandstein wiederum wird gerade bei Mehrfamilienhäusern und hier insbesondere im mehrgeschossigen Wohnungsbau besonders häufig eingesetzt. Nach Angaben des Bundesverbandes Kalksandstein hatte der weiße Wandbildner bei den Neubauten mit mehr als drei Wohneinheiten im Jahr 2019 sogar einen Marktanteil von über 35 %. Damit ist Kalksandstein Marktführer in diesem Segment, noch vor Ziegelmauerwerk.

Der relativ schwere Baustoff, der wie Porenbeton aus gebranntem Kalk, Sand und Wasser besteht (nur ohne die vielen Poren!), überzeugt vor allem durch seine hervorragenden Schallschutzeigenschaften, die hohe Wärmespeicherfähigkeit und seine Druckfestigkeit. Nur in Sachen Wärmedämmung hat das Material aufgrund der hohen Rohdichte naturgemäß Schwächen. Dieser Nachteil lässt sich jedoch durch eine zusätzliche Fassadendämmung (WDVS) oder durch ein zweischaliges Mauerwerk mit Kerndämmung ausgleichen.

Stahl und Stahlbeton abgeschlagen

Ziegel haben weiterhin den größten Marktanteil, gefolgt von Porenbeton.  Grafik: BauInfoConsult

Ziegel haben weiterhin den größten Marktanteil, gefolgt von Porenbeton.  Grafik: BauInfoConsult

Mit der Industrialisierung begann das Zeitalter von Stahl und Beton – heißt es oft. Tatsächlich ist die Stahlskelettbauweise im Industriebau allgegenwärtig, und Stahl-Glaskonstruktionen sowie der Stahlbetonbau sind prägend für moderne Hochhäuser und Objektbauten. In den Außenwänden deutscher Wohnbauten findet man beide Baustoffe aber wesentlich seltener – auch wenn Stahlbeton zumindest im Mehrfamilienhausbau durchaus ein moderner Klassiker ist. Gleichwohl kam Stahlbeton bei den fertiggestellten Wohnhäusern des Jahres 2019 nur auf einen Marktanteil von 8 %. Der Anteil der Stahlskelettbauweise ist hier sogar verschwindend gering. Er liegt bei unter 1 %.

Bims immer bedeutungsloser

Schwierig ist die Situation für die Hersteller von haufwerksporigen Leichtbetonsteinen (Bimssteine). Früher hat man diese Wandbildner viel häufiger für Wohnbauten verwendet. Laut Jahresanalyse erreichten sie aber 2019 nur noch einen Marktanteil von mageren 3 %. Bau-Info-Consult spricht von „einem seit Jahren zu beobachtenden Bedeutungsverlust“.

Dieser hängt sicher auch mit der hierzulande unsicheren Rohstofflage zusammen. Größere Bimsvorkommen gab es in Deutschland nämlich nur im Neuwieder Becken nördlich von Koblenz, weswegen diese Region auch stets das Herz der deutschen Bimsbaustoffindustrie war. Doch mittlerweile sind die dortigen Naturvorkommen weitgehend erschöpft. Weitere Infos dazu gibt es auf BaustoffWissen auch in einem eigenen Fachwissen-Beitrag.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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