
„Brio“-Trockenestrichelemente mit Untergrund aus passendem Schüttungsmaterial. Foto: Knauf/Kreuz und Quer
Was ist Trockenestrich?
Trockenestrich wird auch häufig als Fertigteilestrich oder Trockenunterboden bezeichnet. Die festen Plattenwerkstoffe erlauben einen schnellen und einfachen Fußbodenaufbau, der sich mit allen gängigen Oberbelägen belegen lässt. Da bei der Verarbeitung kein Wasser in das Gebäude eingebracht wird, entfallen lange Trocknungszeiten. Die Estrichplatten gibt es in verschiedenen Materialvarianten. Bei der fachgerechten Auswahl spielt unter anderem die Feuchtebelastung eine Rolle.
Herkömmliche Nassestriche haben viele Vorteile, allerdings dauert es in der Regel mehrere Wochen, bis die flüssigen oder pastösen Mörtelmassen durchgetrocknet sind und man sie mit Fliesen, Naturstein, Parkett, Laminat, Teppich oder anderen Bodenarten belegen kann. Bei Trockenestrich geht das wesentlich schneller. Hier muss man im Prinzip nur warten, bis der Falzkleber getrocknet ist, mit dem die einzelnen Platten untereinander verklebt werden. Fertigteilestrich ist deshalb in der Regel schon am nächsten Tag belegreif.
Zur schnellen Belegreife trägt auch bei, dass man die Estrichplatten üblicherweise schwimmend verlegt, also nicht auf dem Untergrund verklebt. Zwischen Platten und Untergrund kommt in der Regel noch eine Dämmstofflage für den Trittschallschutz – meist Holzfaser, Hartschaum oder Mineralwolle. Bei manchen Estrichelementen ist diese Isolierschicht bereits werkseitig auf der Plattenunterseite aufkaschiert. Alternativ gibt es auch Sandwich-Produkte mit Dämmstoff zwischen zwei Estrichplatten.
Schnelle Sanierungslösung
Trockenunterböden werden zum Beispiel häufig bei der Sanierung von Holzbalkendecken im Altbau verwendet. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Platten sind schnell verlegt, und da Trocknungszeiten weitgehend entfallen, kann man die Bestandsgebäude schneller wieder nutzen. Trockenestriche erlauben zudem in vielen Fällen niedrigere Einbauhöhen als Nassestriche und belasten die Gebäudedecken daher mit relativ wenig Gewicht. Bei der Altbausanierung sind solche Anforderungen häufig gefragt.
Natürlich kann man die Platten auch im Neubau verwenden, aber ihre spezifischen Vorteile gegenüber dem Einbau eines Nassestrichs spielen bei Sanierungen oft eine größere Rolle. Auch für die nachträgliche Dämmung der obersten Geschossdecke sind Trockenestrich-Systeme übrigens eine effektive Lösung. Der Hersteller Fermacell etwa bietet für solche Anwendungen 10 mm dicke Gipsfaserplatten mit unterseitig aufkaschierter, druckfester EPS-Dämmplatte an („Dämmelement N+F“).
Kombination mit Schüttungen

Um eine höhere Belastbarkeit zu erreichen, kann man Gipsfaser-Trockenestriche auch mehrlagig verlegen. Foto: Fermacell
Wenn der im Altbau vorhandene Untergrund uneben ist, kommt man mit den starren Trockenestrichplatten freilich schnell an seine Grenzen. Dann muss zunächst der Untergrund begradigt werden. Dafür bieten die Hersteller Spachtelmassen – für kleinere Unebenheiten – sowie spezielle Schüttungen an. Lose Trockenschüttungen für den einfachen Rohbodenausgleich in Wohnräumen bestehen zum Beispiel aus Perlit oder Blähglas. Fermacell empfiehlt die Verwendung seiner körnigen Ausgleichsschüttungen bis zu einer Maximalhöhe von 100 mm. In dem Schüttungsmaterial kann man übrigens auch Rohre oder Kabel „verschwinden“ lassen.
Natürlich erhöht das Schüttungsmaterial den Bodenaufbau. Sofern die räumlichen und statischen Gegebenheiten es zulassen, kann dies aber auch im Altbau von Vorteil sein. Die Schüttungen verbessern nämlich den Wärme- und Brandschutz der Boden-/Decken-Konstruktionen. Mehr noch: Indem sie das Bauteil beschweren, sorgen sie auch für einen erhöhten Schallschutz – eine Eigenschaft, die gerade bei alten Holzbalkendecken sehr gefragt ist. Knauf bietet für seine Trockenestrichplatten der Marke „Brio“ sogar extra eine besonders schwere Schüttung aus Anhydrit-Granulat an. Wird diese „Schüttung dB“ mit den Brio-Platten kombiniert, lässt sich laut Hersteller ein Schallschutzwert von 37,8 dB bei Holzbalkendecken realisieren.
Neben den losen Trockenschüttungen bieten die Hersteller auch gebundene Schüttungen an. Bei Knauf hat der Kunde zum Beispiel die Auswahl zwischen Blähglasgranulat mit Epoxidharz-Binder und zementgebundenem Polystyrol. Der Einsatz gebundener Schüttungen ermöglicht noch einmal deutlich höhere Schütthöhen als es mit losem Material möglich wäre. Die gebundenen Produkte sind zudem in stark feuchtebeanspruchten Räumen zu empfehlen.
Plattenmaterialien

Diese Estrichziegel von Leipfinger-Bader eignen sich aufgrund ihrer hohen Wärmeleitfähigkeit insbesondere in Kombination mit geprüften Fußbodenheizungen. Foto: Tonality
Trockenestrichplatten gibt es in unterschiedlichen Materialvarianten. Besonders häufig kommen Gipsfaserplatten zum Einsatz, weil diese sehr druckbelastbar und zudem nicht brennbar sind. Die Elemente bestehen in der Regel aus zwei werkseitig miteinander verklebten Gipsfaserplatten, die zur einfachen Verlegung einen umlaufenden Stufenfalz aufweisen. Im Falzbereich werden die Platten untereinander verklebt, sodass eine durchgängige Trockenestrichfläche entsteht. Diese Fläche kann man in der Regel nach 24 Stunden mit unterschiedlichsten Oberbelägen beschichten: von Teppich-, PVC– und Linoleumböden über Parkett und Laminat bis hin zu Keramik- oder Natursteinfliesen.
Es gibt auch Trockenestrichelemente aus Holzwerkstoffplatten. Diese weisen bei Feuchtebelastung allerdings ein noch ungünstigeres Quell- und Schwindverhalten auf als Gipsfaserprodukte. In Feuchträumen empfiehlt sich keine der beiden Varianten. Hier setzt man eher auf zementgebundene Bauplatten, da diese sehr wasserbeständig sind.
Schließlich gibt es auch steinerne Estrichplatten – etwa aus Naturstein oder Betonwerkstein. Die Firmengruppe Leipfinger-Bader bietet mit ihren „Tonality“-Estrichziegeln sogar keramische Trockenunterböden. Diese „natürliche Trockenestrichlösung“ eignet sich nach Herstellerangaben als Untergrund für verschiedenste Bodenbeläge, ist jedoch auch als sichtbare Designestrichvariante erhältlich. Die Estrichziegel seien hoch belastbar, feuchtigkeitsunempfindlich und nach 24 Stunden begehbar. Aufgrund ihrer hohen Wärmeleitfähigkeit empfiehlt sie Leipfinger-Bader insbesondere in Kombination mit geprüften Fußbodenheizungssystemen.
Feuchtebeanspruchung
Wie oben bereits erwähnt sind Trockenunterböden auf Holzwerkstoff- und Gipsfaserbasis für Räume mit höherer Feuchtebelastung nicht geeignet. Hersteller Rigips etwa warnt vor dem Einbau seiner „Rigidur“-Gipsfaserelemente, wenn die relative Luftfeuchtigkeit im Gebäude länger andauernd mehr als 70 % beträgt. Vor, während und nach der Montage seien Gipsfaserplatten-Systeme vor längerer Feuchtigkeitseinwirkung zu schützen.
Für gipsbasierte Fertigteilestriche gilt, dass sie ohne weitere Abdichtungsmaßnahmen nur dann eingesetzt werden sollten, wenn sie über wasserabweisende Oberbeläge verfügen und die Bedingungen der Wassereinwirkungsklasse W0-I nach DIN 18534 gelten. Diese umfasst gering beanspruchte Flächen mit nicht häufiger Einwirkung aus Spritzwasser. Sind die Bodenflächen zusätzlich abgedichtet, eignen sich Gipsfaser-Trockenunterböden auch für mäßig beanspruchte Flächen mit häufiger Einwirkung aus Spritzwasser oder nicht häufiger Einwirkung aus Brauchwasser, ohne Intensivierung durch anstauendes Wasser (Wassereinwirkungsklasse W1-I).
Dagegen eignen sich zementgebundene Estrichplatten in Kombination mit einer zusätzlichen Abdichtung sogar für öffentliche und gewerbliche Feuchträume. Sie können auch unter den Bedingungen der Wassereinwirkungsklassen W2-I (hohe Beanspruchung) und W3-I (sehr hohe Beanspruchung) zum Einsatz kommen. Damit sind Flächen gemeint, auf denen sich zeitweise Wasser anstaut (W2-I) beziehungsweise zusätzlich eine chemische Belastung in Form von Laugen und Säuren besteht (W3-I).
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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